2016-11-21

– SPIEGEL ONLINE

Stimmung in den Mitgliedsländern. Die EU-phorie wächst wieder

Die Zustimmung zur Europäischen Union ist seit dem Frühjahr in fünf der sechs größten Mitgliedstaaten gestiegen. Eine SPIEGEL ONLINE vorliegende Umfrage zeigt: Sogar bei den Briten geht es aufwärts.



Von Christoph Titz

Christoph Titz

1981 in München geboren. Studierte Journalistik, Politik, Soziologie und Geschichte in München, im dänischen Århus und in Utrecht in den Niederlanden. Ausbildung an der Deutschen Journalistenschule in Print, Fernsehen und Hörfunk. Seit Sommer 2008 für Bildungsberichterstattung bei SPIEGEL ONLINE. Ab 2011 stellvertretender Ressortleiter, seit Mai 2014 Ressortleiter UniSPIEGEL und SchulSPIEGEL. Ab Mai 2015 stellvertretender Ressortleiter. Seit Januar 2016 Redakteur im Politik-Ressort mit Schwerpunkt Afrika.

Montag, 21.11.2016   06:15 Uhr

In fünf der sechs größten EU-Staaten steigt die Zustimmung der Bürger zur Mitgliedschaft in der Europäischen Union.

In Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Polen sehen die Einwohner laut einer repräsentativen Umfrage die EU-Zugehörigkeit ihres Landes positiver als noch im März. Das zeigen Zahlen der Bertelsmann-Stiftung, die SPIEGEL ONLINE vorliegen.

Verbessert haben sich die Zustimmungswerte überraschend besonders in Großbritannien. Waren im März – also drei Monate vor dem Brexit-Votum – nur 49 Prozent der Briten für eine Verbleib ihres Landes in der EU, gaben im August 56 Prozent an, in der Union bleiben zu wollen. Ende Juni hatte noch eine knappe Mehrheit in einer Volksabstimmung für den Austritt aus der EU votiert.



Die größte EU-Begeisterung zeigen aktuell die Polen mit 77 Prozent Zustimmung zu einem Verbleib in der Union (März: 68 Prozent), gefolgt von den Deutschen: Bei einem Votum über einen Austritt aus der EU würden in Deutschland 69 Prozent für einen Verbleib stimmen (März: 61 Prozent).

Am kritischsten ist die Stimmung offenbar in Italien und Frankreich: Unter den Italienern sprach sich im August nur eine hauchdünne Mehrheit für den Verbleib in der Union aus (51 Prozent, März-Wert: 50 Prozent). In Frankreich stieg die Zustimmung im gleichen Zeitraum um vier Prozentpunkte auf zumindest 53 Prozent.Nur in Spanien ist der Trend derzeit rückläufig. Hatten dort im März auf die Frage nach einem Austritt noch 71 Prozent für den EU-Verbleib optiert, waren es im August nur noch 68 Prozent. Allerdings ist die Zustimmung dort mit am höchsten unter den großen Mitgliedstaaten. Europaweit ist die Zustimmung zur EU-Mitgliedschaft im August 2016 auf 62 Prozent geklettert. Im März lag der Wert noch bei 57 Prozent.

Die Autoren der Bertelsmann-Studie erklären die EU-positiven Trends als Reaktion auf den Brexit: „Das britische Referendum über den Austritt aus der Europäischen Union und die politischen und wirtschaftlichen Verwerfungen, die dieser Entscheidung folgten, haben einen deutlichen Eindruck bei den Europäern hinterlassen“, heißt es in dem Papier.

Das knappe Nein der Briten zu Europa im Juni war ein Schock für die Europäische Union, Rechtspopulisten und EU-Gegnern hingegen waren begeistert. Einige Umfragen vor der Abstimmung hatten das Remain-Lager, das sich für den Verbleib in der EU aussprach, knapp in Führung gesehen. Entsprechend vorsichtig sollte man Umfragen interpretieren. Die Tendenz allerdings ist derzeit klar europafreundlich.

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