Amerika | 19.07.2016, makroskop
Von Alejandro Marquez-Velázquez
Gleich der Dramaturgie einer Seifenoper durchlebt Venezuela durch das Öl ein Auf und Ab der Konjunktur. Doch die Petrodollars verhindern auch eine nachhaltige Entwicklung des Landes.
In den 1980er Jahren war Venezuela einer der bedeutendsten Produzenten von Telenovelas in Lateinamerika. Seifenopern also, die meist täglich und über einen Zeitraum von mehreren Monaten im Fernsehen ausgestrahlt werden. Wenngleich die meisten davon ein Happy End haben, münden andere in einem tragischen Finale, das letztendlich mit dem Tod einer der Hauptcharaktere endet.
Im gleichen Jahrzehnt ging das Land durch seine größte Krise seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Manche Beobachter sehen diese Krise als Form einer Depression, die sich über beinahe 20 Jahre erstreckte, bis schließlich der Ölpreis mit dem Beginn der 2000er Jahre stieg. In der Zwischenzeit durchlief das Land eine Serie von tragischen Ereignissen: gewalttätige Erhebungen gegen ein vom IWF verordnetes Strukturreformprogramm, die Ende der 80er Jahre mit mehr als 400 Toten endeten, zwei gescheiterte Staatsstreiche und die größte Bankenkrise des Landes in den frühen 90er Jahren.
Gegenwärtig steht Venezuela im Zentrum der medialen Aufmerksamkeit als das von der regionalen Wirtschaftsflaute zweifellos am schlimmsten betroffene lateinamerikanische Land. Einige Reportagen erwecken den Eindruck, dass wir nun den Höhepunkt einer Telenovela erreicht haben: Eine, in welcher die Regierung nicht in der Lage zu sein scheint, eine Entwicklung hin zur schlimmsten hausgemachten humanitären Krise in der Region seit Jahren zu verhindern.
In diesem Artikel möchte ich kurz den ökonomischen Aufstieg und Niedergangs Venezuelas darstellen, der Hand in Hand mit der Entwicklung der staatlichen Einnahmen aus dem Ölexport ging. Ziel ist es, den gegenwärtigen Einbruch mit der Krise in den frühen 1980er Jahren zu vergleichen, als der Ölpreis nach dem zweiten Ölpreisschock 1979 steil abstürzte.
Abgesehen von der revolutionären Rhetorik von Präsident Maduros Staatsapparat gewinnt man den Eindruck, dass die von den Entscheidungsträgern verfolgten Strategien von damals und heute genau denen entsprechen, die man sich von einem Petro-Staat erwartet. Falls der Ölpreis nicht bald wieder ansteigt, steht zu befürchten, dass das Land erneut an den Türen des IWF anklopfen muss. Die Gefahr von erneuten gewaltsamen Auseinandersetzungen wie bereits in den 1980er und 1990er Jahren wäre damit vorgezeichnet.
Venezuela bis in die 70er: Aus Lumpen zum Reichtum
Venezuela ist einer der ältesten Petro-Staaten der Welt. Die Ölförderung durch ausländische Konzerne begann im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts. Die hohe Abhängigkeit der staatlichen Einnahmen vom Ölsektor zeichnete sich im Laufe der 1930er Jahre ab. Folglich ist Öl nicht nur Teil der nationalen Identität der Venezolaner geworden; sie sehen es auch als ein zweischneidiges Schwert, das der Schlüssel zur Entwicklung oder zum Untergang des Landes ist.
Das ist auch die zentrale Botschaft von “Sowing the Oil”, eines Artikels des venezolanischen Intellektuellen Uslar Pietri von 1936. Ferner erklärte auch der venezolanische Politiker Pérez Alfonso, einer der Gründungsväter der OPEC, Öl zum Exkrement des Teufels, was der vom Öl geleiteten Entwicklungsstrategie während des Ölbooms der 1970er Jahre einen mehr als faden Beigeschmack gab.
Der schwerwiegende Einfluss der Ölindustrie auf die zukünftige Entwicklung des Landes entstand parallel zur Herausbildung des venezolanischen Zentralstaates. Während des gesamten Jahrhunderts, seit der Unabhängigkeitserklärung an Spanien bis zum Beginn der Ölindustrie, bewegte sich das Land unter der Herrschaft von regionalen Caudillos und schwachen Präsidenten/Diktatoren in stetiger Unruhe.
Diese Zustände machten Venezuela gegen Ende des 19. Jahrhunderts zu einem der ärmsten Länder Lateinamerikas. Am Ende des Jahrhunderts verlor das Land kampflos nahezu 160.000 Quadratkilometer (ein Gebiet größer als die Fläche von Griechenland) an das Britische Empire. In den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts wurde es Opfer der Kanonenbootdiplomatie Englands, Deutschlands und Italiens.
In starkem Kontrast dazu steht, dass das Öl Venezuela half, nicht nur die Große Depression der 1930er Jahre zu überstehen, sondern bis 1936 sogar seine Auslandsschulden vollständig zurückzuzahlen. Mehr noch, das Land schaffte es, über einen Zeitraum von über 50 Jahren bis in die 1970er Jahre hinein, ein hohes Pro-Kopf-Wachstum aufrechtzuerhalten und Importe durch den Aufbau einer einfachen (Konsumgüter) und harten (Stahl, Petrochemikalien, Autos etc.) Industrie zu substituieren. Und all dies mit einer der niedrigsten Inflationsraten der Region. In dieser Zeit baute Venezuela auch mit dem „Guri“ das bis in die frühen 80er Jahre hinein größte Wasserkraftwerk der Welt, das fast das ganze Land und Teile Brasiliens mit Energie versorgt.
Venezuela war auch eines der ersten Länder der Region, das ein allgemeines Wahlrecht einführte (1947) ‒ nur ein Jahr nach Frankreich. Nach einer diktatorischen Zwischenzeit wurde seit 1958 ein stabiles demokratisches System etabliert, während zur gleichen Zeit sowohl Lateinamerika als auch in Portugal und Spanien ‒ die ehemaligen Kolonialmächte in der Region ‒ von Diktaturen in Geiselhaft genommen wurden. Ebenso gelang es in den 1960er Jahren die ernsthafte Bedrohung durch eine linke Guerilla über deren Integration in das demokratische System einzuhegen.
Zu guter Letzt zog Venezuela während des Ölbooms der 1950er Jahre auch Millionen europäische (hauptsächlich von Italien, Spanien und Portugal) und zur Zeit des Booms der 1970er Jahre zusätzlich mehr als 3 Millionen südamerikanische Einwanderer an (vor allem aus Kolumbien, Ecuador und Peru). Ohne Zweifel lag die Anziehungskraft für die Immigranten im relativ hohen Lebensstandard des Landes begründet. In der ersten Hälfte der 1970er Jahre war das venezolanische Bruttoinlandsprodukt pro Kopf mehr als doppelt so hoch als das im restlichen Lateinamerika und fast auf dem gleichen Niveau wie das von Norwegen.
Die Illusion der ölbasierten Prosperität
Während dieser Jahre des Aufstiegs aber wurde versäumt ein umfassendes und robustes Steuersystem aufzubauen. Das ist offensichtlich eine der größten Entwicklungsherausforderungen von Petro-Staaten, die ‒ wie Venezuela im frühen 20. Jahrhundert ‒ dazu tendieren, just mit der Entstehung der Ölindustrie ein zentralisiertes Staatswesen herauszubilden.
Stattdessen fokussierte der Staat seine Aufmerksamkeit auf die Erzielung von Öleinnahmen. Diese wurden zum Beuteziel aller wichtigen gesellschaftlichen Akteure, die ein unmittelbares Interesse am Ausbau der Ölindustrie haben: politische Parteien, die Geschäftselite, die organisierten Gewerkschaften und das Militär. Die Petrodollars erlauben es dem Staat, Ansprüchen der verschiedenen Gruppen leichter nachzukommen. Venezuela ist somit zu einem Beispiel für eine durch Öleinnahmen finanzierte Appeasement-Politik geworden.
Mithilfe eines solchen Systems kann die Regierung auch die Gewerkschaften befrieden, indem durch die Verwendung der Öleinnahmen Ungleichheiten beseitigt werden. Tatsächlich war dies bis in die 1970er Jahre hinein der Fall. In der Phase des Aufschwungs setzte sich der Staat zum Ziel, zu den Ländern mit der geringsten Ungleichheit in der Region zu zählen. Bedingt durch die begrenzten staatlichen Kapazitäten bestand dieses System der sozialen Protektion allerdings hauptsächlich in der Aufrechterhaltung eines hohen Beschäftigungsniveaus durch die Schaffung von öffentlichen Stellen und Preiskontrollen bei Lebensmitteln. Dass die Regierung auch die unternehmerische Elite durch bezuschusste Kredite und protektionistische Maßnahmen ruhigstellen kann, zeigte sich während der Periode venezolanischer Einfuhrsubstitutionen.
Wie immer wieder zu beobachten, fördert der Klientelismus in den Petro-Staaten für gewöhnlich eine extreme Zentralisierung der Macht und folglich autoritäre Regimes. In dieser Hinsicht war Venezuela insofern ein Sonderfall, als es gelang, das Militär ruhigzustellen und de facto auch das Zweiparteiensystem aus Sozialdemokraten (AD) und Christdemokraten (COPEI) bis in die frühen 1990er Jahre am Leben zu erhalten. Der Erfolg des Klientelismus aber reduzierte die Möglichkeiten des Staates, Strategien zum Aufbau eines alternativen Exportsektors zu entwickeln, der die Abhängigkeit des Landes vom Öl eventuell hätte verringern können.
Das von den Petro-Staaten errichtete Rentier-System erlaubte ein rapides Einkommenswachstum jenseits der Produktivität, ein Zustand, der zu einem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit des Nicht-Öl-produzierenden Exportsektors führt, weil die Währung real aufwertet (also entweder die Löhne sehr stark steigen und/oder die Währung direkt aufwertet). Ein Ölboom verstärkt diese Prozesse. Schon der erste Ölboom in den 1920er Jahren versetzte in Venezuela den einstmals führenden Exportsektoren Kakao und Kaffee den Todesstoß. Seitdem exportiert das Land bis heute praktisch nur noch Öl.
Warum sich Venezuela nicht für schlechte Zeiten wappnet
Eine mögliche Lösung, um Überbewertungen des Wechselkurses in Zeiten eines Ölbooms zu verhindern, wäre es, die Öleinahmen als Anlage im Ausland zu halten. Allerdings ist es sowohl für einen Petro-Staat mit einer sich entfaltenden Demokratie als auch für ein Schwellenland keine leichte Aufgabe, ein solches Ziel zu realisieren. Unter den 5 größten Staatsfonds, die Petro-Staaten gehören, gibt es kein entsprechendes Beispiel.
Norwegen, das auf der Liste der Fonds ganz oben steht, war bereits eine entwickelte liberale Demokratie mit einem gut ausgebauten Steuersystem und einer relativ diversifizierten Wirtschaft, als das Land in den 1970er Jahren mit dem Ölexport aus der Nordsee begann. Die anderen vier großen Staatsfonds gehören zu den Golfstaaten: Vereinigte Arabische Emirate, Saudi-Arabien, Kuwait und Katar. Nach der Entwicklungsklassifizierung der Weltbank sind sie alle einkommensstarke Länder.
Dazu kommt, dass die letztgenannten Länder fernab demokratischer Praktiken operieren. Die Mehrheit ihrer Bevölkerung besteht aus Zuwanderern aus Entwicklungsländern (mit Ausnahme von Saudi-Arabien, wo Ausländer „nur“ 40% der Bevölkerung ausmachen), die keinen Zugang zu den für die Staatsangehörigen vorbehaltenen Sozialsystemen haben. Deshalb haben die Armen weder eine politische Stimme, noch sehen sich die Staaten genötigt, deren sozialen Probleme zu lindern.
Die demokratische Entwicklung in einem Petro-Staat wie in Venezuela leidet nicht nur unter dem mangelhaften Ausbau des Steuersystems, das die staatliche Abhängigkeit von den Öleinnahmen verringern könnte, der demokratische Staat ist auch einem permanenten Druck zur direkten Umverteilung ausgesetzt.
Mangel an Anpassungswillen
Wegen der Unfähigkeit, in Zeiten von Ölbooms zu sparen, haben Petro-Staaten in demokratischen Entwicklungsländern große Probleme, mit niedrigeren Ölpreisen zurechtzukommen. In dieser Hinsicht erinnert die aktuelle Krise Venezuelas an jene, unter der das Land in der ersten Hälfte der 1980er Jahre litt.
In Preisen von 2007 gerechnet, fielen die Kosten für ein Barrel Öl vom Höchststand im Jahr 1980 mit ungefähr 85 US-Dollar auf einem Tiefpunkt von nahezu 28 Dollar im Jahr 1988. Von diesem Sturz hat sich der Ölpreis erst in den frühen 2000er Jahren wieder erholt.
Natürlich war es sehr schwierig, die Staatsausgaben während der 1980er Jahre in ähnlicher Weise zu reduzieren. Im Lichte der Schuldenkrise betrachtet, durch die der gesamte Kontinent zu diesem Zeitpunkt ging, versuchte Venezuela, die Krise durch Fremdfinanzierung zu bewältigen, ohne sich dabei wirklich an das neue Szenario eines niedrigeren Ölpreises anzupassen.
So war die stärkste Anpassungsmaßnahme in dieser Periode eine harte Währungsrationierung und ein System multipler Wechselkurse, das nach nahezu zwei Dekaden fixer, einheitlicher und frei einlösbarer Umrechnungskurse eingeführt wurde. Doch diese Maßnahme half nicht, den Schwund der internationalen venezolanischen Währungsreserven zu stoppen.
In der Folge nötigten abnehmende Devisenreserven und zunehmend beunruhigte internationale Geldgeber Venezuela schließlich, 1989 einem Strukturreformprogramm des IWF zuzustimmen. In den 1990er Jahren lag der Preis für ein Barrel Öl durchschnittlich bei 18 US-Dollar. Gleichzeitig wurde ein Gesetz zur Schaffung eines makroökonomischen Stabilitätsfonds verabschiedet. Ziel des Fonds war es, die öffentlichen Ausgaben dadurch zu stabilisieren, dass die Regierung gezwungen wurde, den größten Teil der Ölboni im Falle eines Booms anzulegen und nicht auszugeben.
Allerdings änderte Präsident Hugo Chávez während des erneuten Booms der 2000er Jahre die Gesetze, um mehr Kontrolle über den Fonds zu bekommen. Möglich war dies Dank einer speziellen Vollmacht, die dem Präsidenten 2001 vom Parlament bewilligt wurde. Eine unverhältnismäßig erscheinende Maßnahme, die jedoch der Tatsache geschuldet war, dass Chavez den Rückhalt der Mehrheit des Parlamentes hatte.
Einen solchen Schritt hin zu einer Zentralisierung der Macht in der Hand des Präsidenten gab es bereits 1974, als Carlos Andrés Pérez inmitten des Ölschocks von 1973 gewählt wurde und das Parlament, in dem seine sozialdemokratische Partei die Mehrheit hatte, um eine Vollmacht bat. Der venezolanische Staat versäumte es demnach beide Male, in den 1970ern wie in den 2000ern, die Ölgelder sinnvoll anzulegen bzw. zu investieren. Während des ersten Booms benutzte der Staat die Überschüsse dafür, eine ressourcenbasierte Industrialisierung zu finanzieren, während der 2000er Jahre hingegen standen Sozialprogramme im Fokus. In beiden Perioden blieb das Problem aber das Gleiche: Politik, die sich alleine auf überschüssige Öleinnahmen stützt, gefährdet ihre eigene Zukunftsfähigkeit.
Zudem erinnert das Beharren der aktuellen Regierung von Maduro ‒ ungeachtet eines durchschnittlichen Ölpreises von weniger als 50% der ersten zwei Jahre seiner Präsidentschaft (2013-2014) ‒ keine Anpassungsmaßnahmen vorzunehmen, an die Attitüde der christdemokratischen Regierung unter Herrera Campíns in der ersten Hälfte der 1980er Jahre.
Trotz ihrer angeblich ausgeprägten ideologischen Differenzen weisen beide Regierungen erhebliche Gemeinsamkeiten auf. Insbesondere die beharrliche Aufrechterhaltung eines Systems aus harter Währung und multipler Wechselkurse, um für den Import von Lebensmitteln und Medizin den Inflationsdruck zu mildern.
Zudem erfreut sich Venezuela, obwohl nicht länger der hoch angesehene Schuldner der 1980er Jahre, einer neuen Quelle externer Finanzierung, welche der Regierung erlaubt, wesentliche Anpassungsmaßnahmen zu vermeiden. Der finanzielle Retter der Regierung Maduro ist nicht der internationale Finanzmarkt, sondern China, ein Land das mit Venezuela eine Serie von Abkommen für den Austausch von Öl gegen Kapital und chinesische Produkte abgeschlossen hat.
Aus diesem Grund ist der steigende Schuldendienst, der in den späten 1980er Jahren mit etwa 40% der Ölexporte einen Höhepunkt erreichte, nicht so weit entfernt von den 20% der Ölexporte, die Venezuela entsprechend der Abkommen an China liefern muss.
Ein Weg, um bei niedrigen Ölpreisen Einschnitte bei den öffentlichen Ausgaben zu vermeiden, wäre eine deutliche Steuererhöhung. Obgleich das venezolanische Steuersystem ‒ im Gegensatz zu den frühen 1980er Jahren ‒ jetzt zumindest eine Mehrwertsteuer erhebt (nach den Öleinnahmen die zweitgrößte Einnahmequelle der Regierung), ist der fehlende politische Wille, das Einkommenssteuergesetz zu reformieren, ein gemeinsames Charakteristikum der beiden Jahrzehnte. Zudem zeichnen sich beide Perioden durch eine beschleunigte Geldentwertung aus.
Eine tickende Zeitbombe
Die Entwicklungskurve von Venezuela offenbart deutlich die Grenzen einer ölgeleiteten Entwicklungspolitik. Der Aufbau einer Ölindustrie innerhalb eines schwachen institutionellen Rahmens erhöht zwar kurzfristig die staatlichen Möglichkeiten, schafft aber Interessen und Wünsche der verschiedenen gesellschaftlichen Akteure, die wiederum die Möglichkeit des Staates begrenzen, in die übrigen Sektoren zu investieren.
Die positiven Facetten des Systems waren die Herausbildung eines friedlichen und demokratischen Staatswesens, das ein großartiges Anwachsen des Lebensstandards über mindestens 50 Jahre erlaubte. Gleichzeitig stiegen die Einkommen jenseits des Produktivitätsfortschritts und der staatlichen Fähigkeit, Steuern einzuziehen. Das verhinderte die erfolgreiche Entwicklung eines Exportsektors, der auch industriell gefertigte Güter anbieten kann.
Rohstoffkrisen stellen die Regierungen von Entwicklungsländern und demokratischen Petro-Staaten auf eine harte Probe. Die Politiker in den 1980er Jahren fürchteten, einen hohen Preis für Anpassungen der Gesellschaft an den niedrigen Ölpreis zahlen zu müssen und scheiterten durch ihre Tatenlosigkeit. Auch diesmal kann der mangelnde politische Wille, Anpassungen durchzusetzen, dazu führen, dass sich das Land womöglich erneut den Konditionen des IWF unterwerfen muss, wenn die Ölpreise nicht bald wieder steigen. Die Forderungen, die der Währungsfonds stellen dürfte, könnten allerdings die Krise weiter verschärfen, wie es in vielen anderen Ländern und in Venezuela in der Vergangenheit zu sehen war.