2015-05-08

Renate Graber, derstandard.at, 8. Mai 2015, 18:07 

Staatsanwaltschaft und Finanz ermitteln auch gegen eine kleine Bank, etliche ihrer Mitarbeiter und eine Steuerberatungskanzlei

Wien – Die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) rund um steuerliche Angelegenheiten von Herbert Stepic gehen weiter als bisher bekannt. Sie richten sich nicht nur gegen den ehemaligen Chef der Raiffeisen Bank International (RBI) selbst, auf der Beschuldigtenliste stehen auch eine kleine Bank, einige von deren Mitarbeitern und eine Wiener Steuerberatungsgesellschaft. Sie alle sollen mit Immobiliengeschäften von Stepic zu tun haben, rund um die man ihm – zum Teil: gewerbsmäßige – Abgabenhinterziehung und zum Teil Abgabenbetrug vorwirft. Stepic hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen, für ihn und alle anderen Genannten (die der Beihilfe verdächtig sind) gilt die Unschuldsvermutung.

Vielzahl von Razzien

Vorigen Mittwoch haben Steuerfahnder und Finanzpolizei auch die Bank und die Steuerberatungskanzlei durchsucht; wie berichtet gab es auch in Stepics RBI-Büro eine Razzia. Mit der Aufbereitung des Beweismaterials hat die WKStA neben Steuerfahndung und Finanzpolizei auch das Finanzamt 9/18/19 und Klosterneuburg beauftragt.

Laut Unterlagen von Justiz und Steuerfahndung steht der heutige RBI-Senior-Advisor im Verdacht, “zwischen 2003 und 2011″ Einkünfte nicht in seinen Steuererklärungen erfasst zu haben. Zudem wirft ihm die WKStA die steuerliche Behandlung von Verlusten aus Beteiligungen an Gesellschaften vor, die mit Immobilien handeln. Dabei geht es um Immobilienverwaltung-Kommanditgesellschaften (“Immobilien-KGs), die gemeinhin als Steueroptimierungsvehikel konstruiert und angeboten werden.

Verlustbeteiligung

Stepic soll laut WKStA zwischen 2008 und 2011 Verluste aus solchen Beteiligungen in den Jahressteuererklärungen erfasst haben; die Verluste seien allerdings “auf seine Anforderung hin durch Ankauf von Liegenschaftsvermögen ohne wirtschaftliche Notwendigkeit entstanden”. Allein da gehe es um einen “strafbestimmenden Wertbetrag von in Summe 3,9 Mio. Euro”. Laut Verdacht der WKStA sei bei den Liegenschaftsverkäufen rechtsmissbräuchlich vorgegangen worden.

Als mögliche Beitragstäter sieht die Korruptionsstaatsanwaltschaft die persönlich haftenden Gesellschafter der Immobilien-KGs an. Ihnen wirft sie eben vor, die Liegenschaften im Auftrag Stepics angekauft und so die “nicht notwendigen” Verluste entstehen lassen zu haben. In diesen Geschäften sieht die WKStA Abgabenbetrug, der gemäß § 39 Finanzstrafgesetz mit bis zu zehn Jahren Gefängnis geahndet wird.

Der Vorwurf, der frühere Bankchef habe Einkünfte nicht versteuert, basiert auf einer Selbstanzeige, die Stepic im Mai 2013 erstattet hat. Darin ist, wie berichtet, die Rede von “irrtümlich nicht der Besteuerung unterzogenen Einkünften aus Kapitalvermögen” von 2003 bis 2011. Rechtzeitig eingebrachte Selbstanzeigen wirken strafbefreiend.

Die darüber hinausgehenden Verdachtsmomente in Richtung Immobiliengesellschaften stammen aus der Prüfung, die das Finanzamt Wien 8/16/17 daraufhin durchgeführt hat. Dabei stießen die Finanzbeamten auf die Verluste aus den Immobilien-KGs, seine Beteiligung daran hielt der Banker über eine Treuhänderin.

Steuermodelle

Was Steuerberater und Gesellschaften, die solche Modelle anbieten, als Steueroptimierung bezeichnen, halten die Finanzbeamten nun für rechtlich fragwürdig. Stepic habe die ihm per Beteiligung zugewiesenen Verluste “bewusst in einer für ihn steuerlich günstigen Höhe in Auftrag gegeben, um die im Laufe des Jahres abgeführte Lohnsteuer refundiert zu bekommen”. Die Überlegung des Staatsanwalts: Gegen Ende des jeweiligen Veranlagungsjahres habe er Klarheit über sein Einkommen aus seiner unselbstständigen Tätigkeit (als Banker eben, Anm.) und vor allem auch über die Höhe seiner Boni gehabt – und die diversen Immobiliengeschäfte in Auftrag gegeben.

Eine Lesart, die Berater von Involvierten strikt zurückweisen. Derartige “Steuerplanung” sei weder ungewöhnlich noch verboten, “Scheingeschäfte” und “Rechtsmissbrauch” habe es nie gegeben.

Stepic habe über seine Beteiligungen mit dem Ankauf von Wohnungen Gewinne machen wollen; und das habe er auch getan, wie aus seinen Steuererklärungen und Feststellungsbescheiden der Finanz zu ersehen sei, wird intern argumentiert. Stepic selbst war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. (Renate Graber, DER STANDARD, 9.5.2015)

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