2016-08-05



Praxisbeispiel:
360° Customer View mit Ground Truth

Matthias Arlt, Projektmanager, Uniserv GmbH

Die Welt in Datensilos

Die Systemlandschaft vieler Firmen ist auch heute noch – bedingt durch viele Faktoren, wie etwa Übernahmen oder Zusammenschlüsse – sehr heterogen und in isolierte Systeme aufgeteilt. Das allein ist kein Problem, doch sind die Informationsflüsse zwischen diesen Datensilos häufig minimal und bestenfalls auf die notwendigsten operativen Abläufe ausgelegt.

Wer kennt nicht den Klassiker, dass man etwa bei einem Anbieter eine Lebensversicherung und eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat, aber am Jahresende grundsätzlich zwei separate Briefe mit den jeweilig aktualisierten Versicherungsunterlagen erhält.

Das ist unschön und kostet die Versicherung etwas mehr Geld für den Versand mehrerer Briefe an die gleiche Person, hat aber weiter keine gravierenden Auswirkungen.

Wertschöpfungspotential und zwingende Transparenz

Spannend wird es nun, wenn die Firma entweder aus eigenem Antrieb oder durch beispielweise gesetzliche Regularien wie etwa BCBS 239 [1] eine Gesamtsicht ihrer Daten erstellen wollen bzw. müssen.

So wäre es für besagte Versicherung sicherlich wichtig zu wissen, welche Geschäfte sie mit ihren Kunden treibt und das über all ihre Geschäftsbereiche hinweg. Liegen diese Informationen nicht vor, so kann es sein, dass man jemandem gegenüber, der nur eine unscheinbare Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat, wenig kulant auftritt oder keine attraktiven Konditionen bietet.

Möglichweise hat aber die gleiche Person zeitgleich mehrere, sehr hoch datierte Lebensversicherungen abgeschlossen, die er im schlimmsten Fall kündigt, weil man ihm an anderer Stelle nicht entgegen kam (vielleicht einmal eine Beitragszahlung zu spät einging und er dafür heftig gemahnt wurde).

Die Herausforderung ist, die Verbindung aller Informationen zu einem Kunden, die sogenannte 360° Customer View zu erreichen.

Die Kür dabei wäre nicht nur die Sicht auf eine einzelne Person, sondern die Sichtweise auf Lebensgemeinschaften bzw. Familien auszuweiten.

Möglicherweise hat in obigem Szenario der Ehemann die Haftpflichtversicherung, aber auf die Ehefrau laufen die Lebensversicherungen. Nur wenn eine solche Sicht besteht, kann diese als Wettbewerbsvorteil genutzt werden.

Ground Truth schließt den „Missing Link“

Was benötigt wird, ist ein Bindeglied zwischen den Daten aus den verschiedenen Systemsilos.

Hierfür bietet sich ein intelligentes und flexibles Stammdatensystem an. In diesem werden die in den verschiedenen Quellsystemen vorhandenen Stammdaten, sowie – und hier kommt der entscheidende Faktor – die entsprechenden Referenznummern gespeichert.

Werden nun die Bewegungsdaten der verschiedenen Systeme konsolidiert (z.B. in einem Data Warehouse für ein Reporting), ermöglicht die Referenznummer eine sichere Verknüpfung der Daten aus beiden Systemen und ist damit der Schlüssel zur 360° Customer View [2].

Ein Beispiel:

Eine Versicherung bietet unterschiedliche Versicherungen an, die jeweils in verschiedenen Systemen behandelt werden.

Max Mustermann hat zwei Versicherungen von unterschiedlichen Typen abgeschlossen. Nun werden die Stammdaten beider System zusammen mit der jeweiligen Referenznummer (hier Versicherungsnummer) im Stammdatensystem abgelegt.



Nun liegen die vollständigen und verifizierten Informationen, wie Name, Adresse usw. im System vor und werden über das Matching zu einem Golden Record verbunden. Damit wissen wir, dass Max Mustermann in System 1 eine Versicherung mit der Nummer 1-A-00101 hat und in System 2 eine Versicherung mit der Nummer 22-BX-342.

Im Datawarehouse werden nun die Systemdaten konsolidiert. Es werden pro Versicherung die Versicherungssummen, monatliche Beiträge und Laufzeiten aggregiert. Mit den Referenznummern lassen sich nun aus dem Stammdatensystem die Verknüpfungen bilden. So kann ein Report ermitteln, dass Max Mustermann insgesamt zwei Versicherungen und eine Gesamtversicherungssumme von 530.000 € hat. Diese Sicht nennen wir das Golden Profile.



Mit diesem Wissen kann man sich beispielsweise sparen, Herrn Mustermann auf eine Haftpflichtversicherung anzusprechen, was eventuell als Marketingmaßnahme nach einer isolierten Analyse von System 2 passiert wäre.

Durch dieses Vorgehen wurde mit Hilfe eines Stammdatensystems und den Referenznummern – dem Ground Truth – die Veredelung der Daten zu einer 360° Customer View ermöglicht.

Ground Truth bei der DZ-Bank

Das gleiche Prinzip wurde bei unserem Projekt bei der DZ-Bank angewendet. Durch die gesetzliche Regulierung BCBS 239 müssen die Banken eine Risikobetrachtung pro Kunde durchführen und das ist nur mit einer Gesamtsicht, einem Golden Profile, möglich.

Als Lösung wurden im Customer Data Hub die Kundeninformationen mit all ihren Kontodaten gespeichert und konsolidiert, um diese Informationen bei der späteren Auswertung im Data Warehouse einbringen zu können.

Fazit

Mit dem Golden Record wurde bislang bereits ein solides Fundament für die Auswertung von Stammdaten geboten. Mit der Erweiterung zum Ground Truth können noch viel weitreichendere Geschäftsprozess und Entscheidungen unterstützt werden, zum Beispiel mit dem Fokus auf die 360° Customer View bzw. dem Golden Profile.

Matthias Arlt Projektmanager Uniserv GmbH

Quellen
[1] https://www.ppi.de/fileadmin/user_upload/Consulting_Banken/Presse/BW_BCBS239__07.14.pdf
[2] http://www.uniserv.com/unternehmen/blog/detail/article/golden-customer-record-vs-golden-customer-profile/

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