2013-09-11

Geschafft! Der lange Flug nach Sapporo - Sapporo, Japan

Sapporo, Japan

Welches Datum soll man diesem Blog-Eintrag geben? Am Montag (9. September) starten wir um 9.45 Ortszeit von Attu, das zehn Zeitzonen-Stunden westlich von Deutschland liegt. Und fliegen binnen gut zehn Stunden nach Sapporo auf der japanischen Insel Hokkaido und landen dort um 16 Uhr Ortszeit - aber da ist es schon Dienstag.

Nur zehn Stunden Flug also, aber es ist nach der Landung 30 Stunden später. Denn bei unserem Flug haben wir die Datumsgrenze überquert. Und auch wenn in diesem Augenblick die Uhr nur eine Minute weiterspringt - wir haben in diesem Augenblick rechnerisch einen Tag verloren. Ziemlich verwirrend ist das mit all den verschiedenen Zeitzonen! Damit wir bei unserem Flugplänen nichts falsch machen, kommen wir mittlerweile nicht ohne eine App aus...

Aber was stört das schon? Entscheidend ist: Wir haben es gut nach Japan geschafft! Wir haben den Pazifik erfolgreich überquert! So etwas macht man einmal im Leben - und dann nie wieder.

Dieser Flug ist der aufregendste, spannendste und längste unserer Weltumfliegung. Er führt ausschließlich übers Meer, insgesamt 1300 Meilen weit. Und wir sind die meiste Zeit ohne direkten Funkkontakt unterwegs. Ich gebe es zu: Vor diesem Flug hatte ich große Angst. Unmittelbar vor dem Start habe ich sogar gebetet und den Wunsch gen Himmel geschickt, dass alles gut geht.

Auch während des Flugs bin ich immer wieder unruhig und habe Angst. Denn der nördliche Pazifik mit seinem unbeständigen Wetter und den oft starken Winden ist nicht gerade eine leichte Gegend zum Fliegen. Wir tragen unsere Überlebensanzüge. Aber nützen die im Fall der Fälle wirklich? Falls wir hier im Wasser notlanden müssen, dann können wir jedenfalls nicht auf schnelle Hilfe hoffen; zu wenige Schiffe sind hier unterwegs.

Wir fliegen auf dem Weg von Alaska nach Japan konstant in einer Höhe von etwas 8.000 Fuß. Das ist hoch genug, um über den Wolken zu fliegen - und so sehen wir während der zehn Stunden nur anfangs ganz kurz das Meer, später dann nicht mehr. Nur einmal reckt sich in der Ferne eine Bergspitze über die Wolkendecke hinaus. Vermutlich ein Berg in Russland. Auf der Halbinsel Kamschatka. Wie die vier anderen Teams aus Deutschland, die schon am Tag zuvor von Alaska aus nach Sapporo geflogen sind, haben wir beste Wetterbedingungen.

Zugleich haben wir auf der Höhe von 8.000 Fuß zu unserer großen Überraschung keinen Gegenwind (was auf einer höheren Flughöhe durchaus der Fall hätte sein können). Stattdessen bläst uns der Wind in den Rücken. Das ist über der Beringsee völlig unüblich. Aber es erleichtert uns natürlich den Flug. Zudem fliegen wir sehr schonend, achten ständig auf den Spritverbrauch und den Ölverbrauch. Am Ende benötigen wir für die Strecke nach Sapporo nur einen Teil des Benzins aus dem Zusatztank, den wir in Anchorage eigens für die Pazifiküberquerung haben einbauen lassen. Den Zusatztank hatten wir auf Attu befüllt. Dort hatte ein anderes Team aus Deutschland zuvor einige Benzinkanister für uns deponiert.

Die Zusammenarbeit mit den anderen Teams bietet auf dem Weg über den Pazifik noch einen weiteren Vorteil für uns: Die größeren Maschinen haben uns einen Teil unseres Gepäcks abgenommen. Auch den dritten Sitz aus der Mooney, den wir ausgebaut haben, hat ein größeres Flugzeug von Anchorage mit nach Japan genommen. Das spart uns eine Menge Gewicht, macht unsere Maschine schneller - und der Sprit reicht länger

Wie schon gesagt: Die meiste Zeit fliegen wir ohne direkten Funkkontakt. Aber wir nutzen unterwegs immer wieder die großen Verkehrsflugzeuge, die unseren Weg kreuzen, als Relais. Wenn wir uns bei den großen Jets melden, dann kommen oft erstaunte Reaktionen aus dem Cockpit: Wie, Ihr fliegt bloß auf 8.000 Fuß? Warum das denn? Und: Wie, Ihr seid in einer kleinen Mooney unterwegs? Wir hören ein paar ziemlich flotte Sprüche von den Kollegen aus den großen Maschinen. Aber man hilft uns nett, und so nutzen wir die Jets mehrmals als Relais zum Funken.

Der Flug ist ansonsten, was die Aussicht aus dem Flugzeug anbelangt, ziemlich unaufgeregt. Unter uns die Wolken. Über uns der strahlende Himmel. Wir lesen, schauen einen Film auf dem iPad, schlafen abwechselnd ein bisschen. Und essen natürlich unterwegs. Der aufregendste Augenblick ist noch, als Wolf nach hinten klettert (während ich die Maschine steuere), um mit dem Werkzeug wieder die Verbindung zum Zusatztank zu entfernen. Eine reine Vorsichtsmaßnahme, falls wir in Japan kontrolliert werden.

Zur Sicherheit haben wir uns die Daten von einigen russischen Flughäfen herausgesucht. Nur für den Notfall. Wir dürfen eigentlich nicht ohne eine behördliche Genehmigung dort landen. Aber lieber zahlen wir, falls es brenzelig werden sollte, eine saftige Strafgebühr für eine unerlaubte Landung, als im Meer niederzugehen.

Als wir schließlich Japan erreichen, reißt die Wolkendecke wieder auf. Wir fliegen über saftig-grüne Berge, die ein wenig an Oberbayern erinnern. Und landen schließlich in Sapporo, einer großen, aber erstaunlich ruhigen Stadt: Kein Hektik gibt es dort, der Verkehrslärm wirkt erstaunlich gedämpft, nur die Leuchtreklamen glitzern grell. Was für ein Gegensatz zur einsamen Nacht ohne künstliches Licht auf Attu Island! Den Abend verbringen wir in einem typisch japanischen Restaurant. Und was gibt es zu essen? Na klar: Sushi.

Wir werden nun zwei Tage in der ehemaligen Olympiastadt bleiben, bis zum 12. September, und dann weiterfliegen nach Nagoya. Von dort geht es danach für zwei Tage nach Tokio - nicht mit der Mooney, sondern mit dem Schnellzug.

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