Argentina Part 2 - Buenos Aires, Iguazú & Uruguay - Buenos Aires, Argentina
Buenos Aires, Argentina
Mit „Via Bariloche" hatten wir unsere Buscompany für die restliche Zeit in Argentinien gefunden. Wir bekamen Decken, Kissen, Snacks und sogar ein Abendessen serviert, was die lange Busfahrt in die Hauptstadt deutlich angenehmer machte. Einen Malbec gab's, wie könnte es anders sein, gratis dazu.
Am Busbahnhof in Buenos Aires angekommen, schnappten wir uns ein Taxi und liessen uns zum Hafen fahren. Wir wollten nämlich sogleich rüber nach Uruguay. „Dollartourismus“ wird dies auch genannt, denn unzählige Touristen, aber auch Einheimische, pilgern täglich in das per Fähre lediglich eine Stunde entfernte Nachbarland. Hier lassen sich Dollars nämlich direkt am Bankautomaten beziehen. Wir hatten Glück und ergatterten uns ein Ticket für die nächste Fähre, die eigentlich in der nächsten Stunde hätte fahren sollen - tat sie aber nicht. Aus irgendwelchen Gründen war sie noch immer in Uruguay und niemand wusste so genau, ob und wann sie zurück sein würde. Es gab weder Verpflegungsmöglichkeiten noch einen Getränkeautomaten im Wartsaal. Das Gebäude verlassen durften wir aber auch nicht mehr, da wir unsere Ausreisestempel bereits erhalten hatten. Hunger und Durst schlugen auf die Gemüter, die Stimmung war gereizt und auf dem Nullpunkt. Die Fährgesellschaft erbarmte sich uns dann doch noch und spendete Fanta und „Alfajores“ – auch etwas, dass die Argentinier innig lieben und in grossen Mengen verzehren. Alfajores sind runde Küchlein, die meist mit „Dulce de Leche“ (Milchkaramell) gefüllt sind. Es gibt sie in allen Variationen, mit Schokolade überzogen oder als Brownie, aber immer dabei ist Dulce de Leche. Neben dem höchsten Rindfleisch-Verzehr hat Argentinien auch den höchsten Pro-Kopf-Verbrauch an Süssigkeiten. Egal ob als Brotaufstrich zum Frühstück, als Füllung in unzähligen Süssgebäcken oder als Geschmacksrichtung für Glacé – Dulce de Leche darf nicht fehlen. Dass sie gerne schlemmen, sieht man den meisten Argentiniern auch an. Ein Grossteil der Menschen leidet unter Übergewicht. Dies zieht sich durch alle Gesellschaftsklassen, vom Kleinkind bis zur Oma. Alfajores sind leider nicht so unser (oder vor allem Manu’s) Ding, wenn der Magen aber nur so knurrt vor Hunger, sind auch sie Recht. Doch zurück zur Fähre, die dann irgendwann doch auftauchte und uns nach Colonia de Sacramento brachte.
Ein Abstecher nach Uruguay
Unsere Absicht, mit der wir hierhergekommen waren, schien zu scheitern, denn kein einziger Bankautomat wollte uns mit unseren Travelcashkarten Geld ausspucken. Was für eine Scheisse! Da Manu den Pin für seine Kreditkarte nicht mehr sicher wusste, blieb nur noch Cri’s Visacard. Wir bezogen den Maximalbetrag und mussten anschliessend 24 Stunden warten, um eine weitere Transaktion zu tätigen. Die Zeit dazwischen nutzten wir, um das schöne Städtchen zu besichtigen, auf den Leuchtturm zu steigen und wieder einmal einen Sonnenuntergang zu geniessen. Ebenfalls besuchten wir das rund eine Stunde entfernte „Nueva Helvetica“ (Neue Schweiz) auch bekannt unter dem Namen „Colonia Suiza“. Der Ort wurde 1862 von Einwanderern aus der Schweiz gegründet, die sich vom milden Klima, dem guten Boden, der freien Religionsausübung und der Aussicht, die Staatsbürgerschaft erwerben zu können ohne die eigene aufgeben zu müssen, angelockt fühlten. Obwohl heute kaum mehr Schweizerdeutsch gesprochen wird, ist der schweizerische Einfluss unbestreitbar. Wo sonst gibt es Strassennamen wie „Calle Berna“, „Frau Vogel“ oder „Guillermo Tell“ (Wilhelm Tell). Die Häuser sind mit den Schweizer Kantonswappen verziert, man feiert den 1. August und beim Betreten einer Bäckerei bimmelte das Glöckchen an der Tür wie bei Tante Emma. Als erste Landwirtschaftskolonie im Landesinnern versorgte Nueva Helvetica die Mühlen der Hauptstadt Montevideo mit Weizen und produziert heute über die Hälfte des Käses in Uruguay. Was sonst! Auch sonst erinnerte und das Wenige, was wir von diesem Land sahen, stark an die Schweiz. Grüne Wiesen, Ackerland und Kühe. Daneben gibt es aber auch Meer, Sandstrände und einen atemberaubenden Sternenhimmel. Das kleinste, spanisch sprachige Land Südamerikas machte uns „gluschtig“ und wir möchten auf jeden Fall irgendwann einmal mehr davon sehen.
Zwar nicht mit der erhofften Menge Dollars, aber dennoch mit einem satten Polster verliessen wir Uruguay nach drei Tagen wieder und fuhren mit der Fähre zurück nach Buenos Aires. Die Bankautomaten waren nach dem Wochenende in ganz Colonia de Sacramento geplündert und es gab kaum mehr Dollars zu beziehen. Zudem hatten wir uns einen lang gehegten Wunsch erfüllt und uns für eine Woche ein Appartement gemietet. Endlich nicht mehr in Dorms schlafen, eine vollgestopfte und häufig chaotische Gemeinschaftsküche benutzen, die Rucksäcke mal ganz auspacken ohne schon wieder ans Einpacken zu denken. Ja, man merkt uns langsam an, dass wir nun doch schon 14 Monate unterwegs und wohl auch etwas reisemüde sind. Hinzu kommt, dass Argentinien ein riesiges Land ist und die langen, wenn auch nicht unbequemen Busfahrten zwischen den einzelnen Orten einem doch auch Energie rauben.
Buenos Aires – Rendezvous mit einer kosmopolitischen Metropole
Buenos Aires hat alles, aber wirklich ALLES, was das Herz eines Grossstadtliebhabers höher schlagen lässt. Die wunderschöne, fast schon europäisch anmutende Stadt samt sympathischen Einwohnern (sie nennen sich „Porteños“) hat neben einer Gourmetküche, hervorragenden Shoppingmöglichkeiten, einem fast unschlagbaren Nachtleben, Schickmicki-Vierteln auch viel Kunst und Kultur zu bieten. Buenos Aires ist lebendig, pulsierend, verführerisch und elegant, hat aber auch seine Ecken und Kanten. Zwischen hypermodernen Designer-Boutiquen, Nobelvierteln und grossen Parks finden sich auch ungepflegte Strassen voll von stinkenden Bussen und hektischem Treiben. Daneben existiert das klassische Buenos Aires: Kaffeehäuser, Kolonialarchitektur und bunte Märkte. Obwohl dies unser erster Besuch in Buenos Aires ist, verströmte die Stadt etwas seltsam Vertrautes. Und trotzdem lässt sie sich mit keiner anderen Stadt, die wir bisher gesehen haben, vergleichen.
Nach unserer „zweiten“ Ankunft in der Hauptstadt liessen wir uns mit dem Taxi vom Hafen in unser gebuchtes Hotel im Stadtviertel San Telmo bringen, bevor wir am nächsten Tag in unser reserviertes Apartemente in Palermo umziehen konnten. Unsere erste Errungenschaft am selben Tag war eine wiederaufladbare Metro-Karte, mit der wir uns praktisch und unkompliziert von Gegend zu Gegend bewegen konnten. Die „Subte“ (so wird die Metro genannt) war dann auch gleich eines unserer ersten Highlights. Die versprayten Zugwagons und die Stationen sind lebendige Orte. Neben den vielen Geschäftsleuten, die sich mit diesem Verkehrsmittel bewegen, ist die Subte auch Heimat von Musikern, Jongleuren und anderen Akrobaten. Die lebendige Strassenkultur, die in unseren Schweizer Städten beinahe verloren gegangen ist, genossen wir in vollen Zügen und wir hatten den Eindruck, als sei hier alles möglich, wenn man es nur wirklich will. Überall trafen wir auf Strassenmusiker und Bands, die mitten auf den Gehsteigen und in den Fussgängerpassagen ihr ganzes Musikequipment aufstellten und die Leute unterhielten. Nicht verzweifelte Menschen, für die Strassenmusik der letzte Ausweg bedeutet, im Gegenteil. Die Musiker bestachen durch Professionalität! Ob Jazz, Blues, klassische Musik, Reggae, Ska oder Folklore – alles war hier anzutreffen. In den Gassen wird Tango getanzt, Künstler präsentieren und verkaufen ihr Handwerk auf improvisierten Ständen und unzählige Wände sind mit kunstvollen Graffitis und Malereien verziert. Auf unseren ersten Stadtrundgängen merken wir auch sofort, dass wir als Europäer gar nicht besonders auffallen, und dies nicht nur, weil wir uns langsam auf dem Kontinent eingelebt haben und Spanisch sprechen. Im Vergleich zu Peru oder Bolivien gibt es in Argentinien nämlich nur wenige „Indigenos“. Mehr als 95 Prozent aller Argentinier sollen europäischer Abstammung sein. Zum ersten Mal auf unserer Reise liessen also nicht mal Manu's blaue Augen auf Touristen schliessen…
Am zweiten Tag fuhren wir mit der Subte und sämtlichem Gepäck nach Palermo, um unser „Apartemente“ zu beziehen. Die Wohnung befand sich nahe der Subte-Station „Palermo“, von wo aus sich die Stadt in alle Richtungen erkunden lässt. Unser neues Heim bestand aus einem kleinen Wohnraum mit Sofa und Fernseher, einem Balkon und einer halboffenen Küche, die den Wohnbereich von unserem Schlafgemach abtrennte. Alles wirkte sehr modern und endlich konnten wir uns mal so richtig einrichten, unsere Rucksäcke komplett auspacken, den Kleiderschrank einräumen und den Kühlschrank füllen. Was für ein Gefühl, ein kleines Zuhause auf unserer Reise zu haben. So lebten wir uns eine Woche ins Stadtleben von Buenos Aires ein, schrieben an unserem Blog, erkundeten die Stadt, gingen „kömerlä“ oder bekochten uns gegenseitig und erlebten so unsere eigenen kulinarischen Höhenflüge.
Mit jedem Tag gefiel uns die abwechslungsreiche Stadt besser und wir lernten immer mehr Quartiere kennen. Egal ob wir uns in San Telmo rumtrieben, durch Palermo Soho schlenderten, in einem netten Café Halt machten oder an der Calle Florida im Microcentro bei einem der vielen Geldwechsler ein paar Dollars tauschten, wir bewegten uns immer sicherer und heimischer durch die Grossstadt. Fast so, als würden wir hier schon länger leben. Der Geldwechsel erreichte in Buenos Aires dann auch seinen Höhepunkt, als wir den Dollar eines Tages zu einem Kurs von sage und schreibe 9.55 Pesos tauschen konnten. Der grösste „Blue Market“ des Landes zieht sich durch zwei lange Fussgängerpassagen, zwei der längsten Shoppingmeilen im Microcentro. Hier hört man an jeder Ecke den Ausruf: „Euro, Dollar, Cambio! Change, Moneychange!“. Überall stehen Frauen und Männer und tauschen halboffiziell die beliebten Dollars zu einem Kurs, wie es sie nur auf diesem Parallelmarkt gibt. Meist geht man dann zu einer möglichst vertrauenserweckenden Person hin, die einem den aktuellen „blauen“ Kurs nennt. Entweder man schlägt ein, oder versucht bei einem anderen Wechsler einen besseren Deal zu erzielen. Das lohnt sich dann und wann auch, denn der Kurs kann fast stündlich ändern. Ist man einverstanden, so führt einem die Person in der Regel in ein naheliegendes Geschäft oder Büro. Dort trifft man dann auf die eigentlichen Wechselherren, welche das Geld zum vereinbarten Kurs tauschen. Das Geschäft scheint gut zu laufen, viele Menschen verdienen sich hier damit ihren Unterhalt oder zumindest einen Teil davon. Der Markt unterstützt natürlich die Abwertung der Währung, die stetig und ungebremst vorantreibt. Die Preise steigen an und die Inflationsrate schnellt immer weiter in die Höhe. Die Auswirkungen spürt, wie so oft, natürlich zuerst die ärmere Bevölkerung.
Aber was können wir als Touristen tun? Nicht der „Bluemarket“ ist schuld am Ganzen! Die Ursache ist, wie viele Argentinier sagen, auf die Finanzpolitik der Regierung zurückzuführen. Klar können wir Ausländer Dollars zu einem fast schon „unfair“ hohen Kurs tauschen, was den Einheimischen unmöglich ist (zumindest nicht auf legalem Weg!), dafür kommen wir als Touristen ins nicht gerade billige Argentinien und lassen schlussendlich doch viele Argentinische Pesos (und Dollars) im Land liegen. So versuchten wir zumindest unsere Cambios zu rechtfertigen.
Und dann war es nach 8 Monaten endlich wieder soweit und wir trafen zum dritten Mal auf dieser Reise Walter und Heike aus Deutschland. Als wir vor etwas mehr als einem Jahr mit der Transsib in unsere Weltreisen gestartet sind, hätten wir uns alle nicht erträumen lassen, dass wir uns gleich dreimal wiederfinden würden, und dies erst noch auf drei unterschiedlichen Kontinenten. Doch tatsächlich: Als wir nämlich erfuhren, dass die beiden zur gleichen Zeit in Buenos Aires sind, setzten wir alles daran, uns erneut zu treffen… Sich in Buenos Aires zu verabreden, ist jedoch keine einfache Sache. Nachdem wir über eine Stunde am vereinbarten Treffpunkt gewartet hatten, waren die beiden noch immer nicht erschienen. Dank ei***** Messages über Facebook klappte es beim zweiten Anlauf dann doch und wenige Stunden später fielen wir einander erfreut in die Arme. Wir verbrachten erneut eine super Zeit zusammen mit vielen Gesprächen, ein paar Flaschen Rotwein und natürlich besuchten wir gemeinsam eine Parilla und genossen ein weiteres leckeres Steak.
Ja, die Geschichten, die wir einander zu erzählen hatten, waren wirklich äusserst spannend und aufregend, teilweise sogar haarsträubend. Wir trafen uns täglich, ganz egal ob für einen kleinen Stadtrundgang oder auf einen Apéro in unserem Apartemente. Wir genossen es, Vertraute um uns zu haben und nutzten jeden Moment, um Buenos Aires unsicher zu machen. Einzig sonntags hatten wir beide einen anderen Plan, denn wir hatten uns teure Tickets für den „Superclásico“ gekauft.
Superclásico – River Plate vs. Boca Juniors
Superclásico? Das ist dann angesagt, wenn die „Boca Juniors“ auf ihren Stadtrivalen „River Plate“ treffen. In einem Land, in dem Maradona wie ein Gott verehrt wird, hat der Besuch eines Fútbol-Spiels schon etwas von einer religiösen Erfahrung. Der Superclásico gilt als DER Sportevent schlechthin, den vor dem Tod ein jeder Fussballfan miterlebt haben muss. Nicht dass wir grosse Fans des runden Leders wären oder das Religiöse gesucht hätten, aber natürlich wollten wir uns eine solche Gelegenheit nicht entgehen lassen. Schon im Vorfeld wurde viel über die Begegnung berichtet. Wann immer wir den Fernseher einschalteten, war nur der Superclásico Thema und auch auf der Strasse hörten wir ständig Leute darüber sprechen. Als Tourist ist es sehr schwierig, bzw. fast unmöglich an Tickets zu kommen. Es besteht aber die Möglichkeit eine organisierte Tour zu buchen inkl. Essen, Eintritt ins Stadion und Guide. Da die Heimmannschaft bei dieser Partie River Plate war, fand das Spiel leider nicht in der geschichtsträchtigen „Bombonera“ der Boca Juniors statt. Auch mussten wir hinnehmen, dass nur Fans der Heimmannschaft ins Stadion gelassen wurden, dies aus Sicherheitsgründen. Uns war’s egal, wir wollten einfach dabei sein. Nach Pizza und Bier in einem Restaurant in Palermo Soho ging’s mit einer Gruppe von fast 40 Personen auf Richtung „Estadio Monumental Antonio Vespucio Liberti“. Schon beim Anstehen ging es heiss zu und her, es wurde immer wieder laut gesungen, die Stimmung war richtiggehend aufgeheizt und dies obwohl, oder gerade weil, die Strassen und Menschen nur mit zweierlei Farben geschmückt waren: Rot-Weiss. Das Stadion war pumpenvoll, rund 75‘000 Fans waren gekommen. Die Erzrivalität war deutlich spürbar, die Fans sangen Lieder, dass es einem „kalt den Rücken runter lief“. Dazu schimpften sie bereits vor dem Spiel lautstark über die Boca Juniors: Sprüche wie „La concha de tu madre Boca!“ oder „Mierda de puta“ waren immer wieder zu vernehmen. Um die Stimmung nachvollziehen zu können, haben wir ein paar Videos gemacht, die ihr euch in der Galerie anschauen könnt.
Das Spiel ging leider 0 – 1 aus, River Plate verlor und wir durften nur ein von den Fans totgeschwiegenes Tor der Boca Juniors miterleben (und dies noch nicht einmal in deren Heimstadion). Dennoch war es ein unbeschreibliches Erlebnis, und wir verliessen das Stadion zusammen mit den getrübten Anhängern von River Plate, selber glücklich und um eine weitere schöne Erfahrung reicher.
Am Folgetag fuhren wir per Bus in den bekannten Stadtteil „La Boca“. La Boca entstand Ende des 19. Jahrhunderts als Viertel italienischer Einwanderer, die meist als Industriearbeiter tätig waren. Heute ist La Boca wegen seiner originellen, farbigen Häuser äusserst beliebt. Jene wurden aus dem Blech abgewrackter Schiffe gebaut und mit Schiffslack bunt bemalt. Ein Fotosujet, das bei einem Besuch der argentinischen Hauptstadt wohl kaum je ausgelassen wird. Dazu ist das Stadtviertel auch für sein Fussballstadion „La Bombonera“ (deutsch: Pralinenschachtel) der Boca Juniors bekannt. Der Fussballgott Diego Maradona spielte hier viele Jahre und noch immer ziert er Wände und Lokale im gesamten Quartier. Zuerst schlenderten wir gemeinsam mit Walter und Heike durchs Viertel, bevor wir das Stadion für eine Besichtigung betraten. Hier drehten wir eine Runde durchs Museum, dann ging’s weiter durchs Stadion, über die Tribüne bis hin in die Gästekabine. Wir erhielten spannende Informationen zur Geschichte und Philosophie des Clubs. So zum Beispiel, dass die heutigen Farben des Clubs einem schwedischen Schiff zu verdanken sind, welches im Moment der neuen Farbgebung in den Hafen von Buenos Aires einfuhr. Ebenfalls konnten wir einen Blick auf die Loge von Diego Maradona erhaschen.
Noch am selben Tag beschlossen Walter und Heike, mit uns ein weiteres Highlight des Landes zu besuchen: Die Iguazú Wasserfälle. Neben Buenos Aires war dies das Einzige, was wir schon bei der Planung der Reise als Fixpunkt gewählt hatten. Tags darauf verliessen wir zu viert die Hauptstadt und fuhren Richtung Norden. Da wir unsere Tickets fast eine Woche im Voraus gekauft hatten, konnten wir im doppelstöckigen Bus zuvorderst sitzen und das ganze Panorama geniessen. Nach der Woche in Buenos Aires waren wir auch soweit erholt, dass wir die 18 stündige Busfahrt gut überstanden.
Iguazú – Paradiesisches Naturschauspiel
In Puerto Iguazú angekommen schien die Sonne und es war angenehm warm. Nachdem wir eine Unterkunft gefunden hatten, fühlten wir uns alle fit genug, das Abenteuer zu starten und eines der überwältigendsten Naturschauspiele unserer Erde zu besichtigen. Man sagt, der Besuch der Wasserfälle sei eine Urerfahrung – die unglaubliche Kraft und die Lautstärke des tosenden Wassers blieben dem Betrachter für immer in Erinnerung. Auch die Landschaft ist spektakulär: Die Fälle liegen zwischen Brasilien und Argentinien in einem Nationalpark, der zu grossen Teilen aus Regenwald besteht. In ihm leben tausende Insektenarten, hunderte verschiedene Vogelarten sowie viele Säugetiere und Reptilien. Beide Seiten bieten einen jeweils völlig anderen Blick auf die Fälle und es lässt sich darüber streiten, welche Seite die bessere ist. Auf der argentinischen Seite mit zahlreichen Wanderpfaden und möglichen Bootsfahrten ist es einfacher, den einzelnen Wasserfällen sehr nahe zu kommen. Die brasilianische Seite punktet dafür mit einem Panoramablick, der einem einen besseren Eindruck von der unglaublichen Dimension der Wasserfälle ermöglicht. Am besten besucht man die Fälle also von beiden Seiten.
Wir entschieden uns zuerst für die argentinische und nach einer kurzen Taxifahrt waren wir beim Eingang des Nationalparks. Von dort führt ein kleiner „Panoramazug“ zur Station „Garganta del Diablo“. Anschliessend trennt einen nur noch ein 1 Kilometer langer Steg von einem der spektakulärsten Anblicke unseres Planeten – dem Blick in die „Garganta del diablo“ (Teufelsschlund). Die Aussichtsplattform liegt direkt über der mächtigen Sturzflut einer tosenden Kaskade, die sich ins Bodenlose zu ergiessen scheint. Schon als wir uns der Plattform näherten, wurde das Geräusch des Wassers immer lauter. Als wir uns dann auf der Plattform befanden, verschlug es uns die Sprache. Etwas vom Grössten, Mächtigsten und Schönsten, das wir jemals gesehen hatten. Die unglaublichen Wassermengen, die sich hier bis 80 Meter in die Tiefe stürzen, lassen einem winzig klein und machtlos erscheinen. Von allem, was wir bisher an Naturschönheiten erleben durften, war dies sicherlich die majestätischste und ehrfurchteinflössendste. Die Bilder sprechen für sich. Nachdem wir uns fürs erste satt gesehen hatten (wenn man das überhaupt kann), wanderten wir den beiden Rundgängen entlang. Hinter jeder Wegbiegung boten sich weitere spektakuläre Ausblicke auf die verschiedenen Wasserfälle, die zusammengerechnet über zwei Kilometer breit sind. Hätte Manu als kleiner Junge das Paradies beschreiben müssen, genau so hätte es für ihn ausgesehen. Wir hatten zudem unglaubliches Glück mit dem Wetter, denn dank dem Sonnenschein bildeten sich unzählige Regenbögen und der Park war voller bunter Schmetterlinge. Der aufgewirbelte Wassernebel war da eine willkommene Abkühlung. Wir kosteten unseren Eintritt bis zum Schluss aus, glücklich und wieder einmal überwältigt, welche Wunder „Pachamama“ doch vollbracht hat.
Den nächsten Tag gingen wir ruhig an, da auch das Wetter nicht mitspielte. Abends zauberten wir eine eigene Parilla mit Reissalat und genossen das Zusammensein. Da auch der darauffolgende Tag wettertechnisch gesehen nicht besser war und es regnete, beschlossen wir auf die brasilianische Seite der Fälle zu verzichten. Wir waren ohnehin noch alle immer „geflasht“ von dem, was wir auf der argentinischen Seite erleben durften. Manu übte sich als Spanischlehrer für Walter, wir bloggten, schrieben Postkarten und unternahmen einen kurzen Spaziergang, um unsere Bustickets zu kaufen. Für Heike und Walter würde es weiter Richtung Salta und dann nach Bolivien gehen. Unsere Reise würde uns für weitere drei Nächte nach Buenos Aires führen und anschliessend Richtung Patagonien. Schweren Herzens verabschiedeten wir uns am nächsten Tag von den beiden. Wie schön war es doch, dass wir uns nun bereits das dritte Mal auf unserer Reise getroffen haben und nun ein paar Tage zusammen reisen konnten. Und wer weiss, ob wir das nächste Wiedersehen vielleicht bereits in Kolumbien feiern können…
Frühling in Buenos Aires
Zurück in Buenos Aires genossen wir noch einmal so richtig den Frühling, der überall in der Stadt zu spüren war. Wir besuchten die „Feria San Telmo“, einen riesigen Strassenmarkt, wie wir ihn noch nie zuvor gesehen hatten. Neben vielen Artesania-Artikeln, Souvenirs und Antiquitäten, gab es hier auch leckere Essensstände und viel Strassenkunst. Weiter besuchten wir den bekannten Friedhof in Recoleta, der zur Ruhestätte zahlreicher wohlhabender und prominenter Einwohner geworden ist. Hier wurden argentinische Präsidenten bestattet, Profisportler, Wissenschaftler und Schauspieler; zu den bekanntesten zählt Evita Perón. Reiche Familien liessen einige Reihen mit prächtigen Mausoleen unterschiedlichster Architektur bebauen, die eins gemeinsam haben: Sie sollten lange vom irdischen Ruhm und Reichtum der Verstorbenen künden. Der Friedhof war wunderschön und wir verbrachten staunend einige Stunden in den verschiedenen Alleen und zwischen den einzelnen Gräbern.
Obendrauf nahmen wir an einer Streetart-Tour teil, die uns die Strassenkunst in ihren vielen Formen noch etwas näher brachte. Den Abschluss von Buenos Aires bildete die „Bomba del Tiempo“, eine allwöchentliche Perkussionsshow und Party. Die Gruppe besteht aus 17 Trommlern und Perkussionisten, die eine Art Improvisationsorchester bilden. Der Konvex, in dem die Party jeweils stattfindet, erinnerte uns ein bisschen an unsere Berner Reithalle. Bewegend, alternativ, relaxed, kosmopolitisch oder wie die Argentinier sagen: „Buena onda“, was etwa so viel heisst wie „good vibe“! Wir tanzten uns frei und fühlten uns als ein Teil des Ganzen. Es war ein wunderbarer Abschied von Buenos Aires, unserer neu erklärten Lieblingsstadt, von der wir zwar viel, aber trotzdem nur einen kleinen Teil gesehen haben. Es ist eine Stadt, die wir lieb gewonnen haben, eine Stadt zum Wiederkommen!