2013-09-05

Mozambique - Mozambique, Mozambique

Mozambique, Mozambique

Die Grenze passierten wir diesmal problemlos. Unsere Pässe wurden nur kurz angeschaut, abgestempelt und schon waren wir in Mozambique. Ganz anders erging es den mitgereisten Malawiern. Ihr Gepäck wurde genauestens unter die Lupe genommen und für jedes Kilo Mais, das sie zu viel mitführten, mussten sie bezahlen. Dies geschah aus Angst, man würde das in Malawi viel billiger erhältliche Gut in Mozambique weiterverkaufen und einen Gewinn erzielen. Ebenso wurden mitgebrachte Kwacha nicht etwa in mozamibquanische Meticais umgetauscht, sondern beschlagnahmt. Die Menschen taten uns Leid und wir waren froh, hatten wir mit unserem letzten Geld noch ein paar Bananen für die Reise gekauft. Dass dies wirklich unsere letzten Kwacha waren, dachten wir zu diesem Zeitpunkt zumindest…

Obwohl man uns, als wir die Bustickets gekauft hatten, versicherte, wir können nur bis Tete fahren, wollte man uns anschliessend nicht aussteigen lassen. Der Bus dürfe nicht anhalten, hiess es. Schlussendlich liess man uns aber gewähren und so standen wir plötzlich irgendwo am Strassenrand, ziemlich verloren, orientierungslos und ohne Plan. Da waren wir nun also in Mozambique, in Tete, einem Durchgangsort zwischen Malawi und Simbabwe, der von Touristen meist gemieden wird. Die Provinz war in den letzten Monaten häufig Schauplatz von Überfällen geworden (auch auf Busse) und noch im April wurde von offizieller Seite von einer Reise hierher abgeraten. Auch wir wollten schnellstmöglich wieder weg von hier, denn zu sehen gibt es hier nicht viel. Leider fahren die Langstreckenbusse in ganz Mozambique aber immer in den frühen Morgenstunden los, wodurch wir gezwungen waren, eine Nacht in Tete zu verbringen. Es war pures Glück, fanden wir nur wenige hundert Meter des Busterminals einen Schlafplatz, der sauber war und wo wir sogar den Preis noch etwas drücken konnten. Die Leute im Hostel waren sehr freundlich und auch sonst hatten wir zu keiner Zeit das Gefühl, auf der Hut sein zu müssen. Nach einem ersten mozambiquanischen Bier deckten wir uns in einem der Supermärkte mit Reiseproviant und Abendessen ein. Wir staunten nicht schlecht, als wir die grosse Auswahl an Frischprodukten, Lebensmitteln und insbesondere Früchten und Gemüse sahen, waren wir uns doch von Malawi etwas anderes gewohnt. Dies, obwohl Tete nur gerade zwei Stunden Busfahrt von der Grenze entfernt liegt. Noch nie hatten uns Oliven oder eine Melone so sehr entzückt wie in diesem Moment. Natürlich kauften und assen wir an diesem Abend nach dem Lustprinzip und freuten uns auf kulinarisch bessere Zeiten auf unserer letzten Afrika-Station.

Mozambique weist eine 2'800 km lange Küste auf und in Anbetracht der Grösse des Landes und der Tatsache, dass wir in drei Wochen nach Südamerika fliegen werden, war klar, dass wir nur einen kleinen Teil bereisen können. Schon bei der Planung unserer Reise entschlossen wir uns dazu, in Mozambique zu tauchen. Wir hatten uns die optimale Zeit ausgesucht Walhaie zu sehen, doch diesmal in freier Wildbahn und nicht angelockt durch Fischerboote wie auf den Philippinen. Folglich entschieden wir uns für den südlichen Teil des Landes. Da wir das Meer aber unmöglich in einem Tag erreichen konnten, brachte uns eine neunstündige Busfahrt frühmorgens um 4:00 Uhr erst mal nach Chimoio.

Dort angekommen beherbergte uns das viel gelobte Pink Papaya. Von einem älteren deutschen Ehepaar geführt, hatten wir mehr das Gefühl Teil einer WG, als Gäste in einem Hostel zu sein. Natürlich schöpften wir auch hier die Einkaufsmöglichkeiten aus und kochten selber. Hinzu kam ein Litauer, der in London studiert und an einer Arbeit über „Biosprit" schreibt. Bei seiner Studie kam er zu traurigen Ergebnissen: Ausländische Firmen hatten vor einigen Jahren horrende Summen in den Anbau einer Nuss investiert, bekannt unter dem lateinischen Namen Jatropha. Das hochwertige Öl der Nüsse eignet sich hervorragend als Diesel-Beimischung oder Flugzeugkerosin. Zwar wurden der lokalen Bevölkerung, die ihr Land zur Verfügung gestellt hatte, Arbeitsplätze in Aussicht gestellt, im Zuge der Finanzkrise zogen sich aber viele Investoren zurück. Die Bevölkerung hat heute nicht nur keine Arbeit, sondern auch kein Land mehr, welches sie für den Eigenanbau nutzen kann. Die betroffenen Menschen fühlen sich allein gelassen und sind verzweifelt. Sich der Tatsache bewusst zu werden, dass wir (der Westen) den Menschen ihre Lebensgrundlage nehmen, um unsere CO2-Bilanz auszubessern und unser Gewissen zu beruhigen, stimmte auch uns nachdenklich und traurig.

Auch wenn uns Chimoio an sich gefiel, wurde der Drang nach Meer und Strand immer grösser und wir machten uns nach einer Nacht wiederum frühmorgens auf Richtung Vilanculos. Um diesen Ort zu erreichen, hatten wir zwei Möglichkeiten: Wir konnten entweder einen Bus nach Maputo nehmen und uns auf halber Strecke absetzen lassen. Dafür hätten wir aber den vollen Fahrpreis bezahlt. Oder wir konnten auf gut Glück nach Inchope (eine Stunde Fahrt von Chimoio) fahren und dort versuchen, per Anhalter unser Ziel zu erreichen. Dies würde auf alle Fälle billiger ausfallen. Auf unser Budget bedacht und mit dem Afrika-Wissen, dass alles immer irgendwie klappt, entschieden wir uns für die abenteuerliche zweite Variante. Dank unseren Spanischkenntnissen war uns auch die Portugiesische Sprache nicht so fremd und zum ersten Mal überhaupt verstanden wir ansatzweise alles, was uns die Menschen sagen wollten. Es würde sich folglich sicherlich etwas ergeben.

Inchope war dann einfach eine grosse Kreuzung mit vielen Trucks, ein paar wenigen Häusern und Läden. Hier gab es Lastwagen mit Ware vom Hafen in Beira, die entweder nach Tete oder weiter nach Simbabwe und Zambia fuhren. Es gab solche, die auf dem Weg Richtung Maputo waren und natürlich alles auch in umgekehrter Richtung. Zuerst galt es also herauszufinden, wo wir uns in diesem Wirr-Warr am besten hinstellen und auf die Suche nach einer Mitfahrgelegenheit machen. Danach hiess es warten. Manu hatte jedoch nach kurzer Suche Glück und fand einen Fahrer, der mit einer Ladung Autos auf dem Weg Richtung Maputo war. Nach kurzer Verhandlung erklärte er sich bereit, uns bis Pambarra mitzunehmen. Von dort sind es nur noch 20 Kilometer bis Vilanculos. Da bereits ein weiterer Fahrer in der Kabine sass, wurden wir kurzerhand in eines der Autos auf dem Anhänger „verladen“. Einen solchen Luxus und so viel Platz hatten wir bisher noch nie. Wir streckten uns aus und schliefen erst mal eine Stunde. Als wir wieder aufwachten, war es dann schon wesentlich unbequemer. Das Auto, in dem wir sassen, hatte nämlich nur automatische Scheiben, die wir ohne Schlüssel natürlich nicht runterlassen konnten, um Frischluft zu bekommen. Es wurde stickig und heiss, also öffneten wir notgedrungen die Tür einen Spalt weit und hielten sie abwechslungsweise fest, um wenigstens etwas Fahrtwind zu spüren. Wenn der Lastwagen Polizei-Checkpoints passierte, duckten wir uns, dass man uns nicht sehen konnte. Wir wollten ja nicht die Fahrer in Schwierigkeiten bringen, eine Busse bezahlen oder irgendwo im Nirgendwo aussteigen müssen. Nach rund 4 Stunden Fahrt wurde die Strasse dann so schlecht, dass wir mit Laufen vermutlich gleich schnell gewesen wären. Wir wurden während weiteren 6 Stunden durchgeschüttelt und fuhren „Zick-Zack“, um den Unmengen an Schlaglöchern auszuweichen. Wir fuhren durch kleine Dörfer und die Männer hielten dann und wann an, um sich beispielsweise mit Ananas einzudecken, die auf dieser Strecke im Überfluss zum Verkauf angeboten wurden. Nach endlosen Stunden erreichten wir endlich Pambarra. Die Sonne war schon untergegangen und die Minibusse nach Vilanculos fuhren nicht mehr. Also hielten wir erneut ein vorbeifahrendes Auto an, welches uns die verbleibenden Kilometer mitnahm. Müde und erschöpft kamen wir im Baobab Backpackers an.

Vilanculos

Noch während wir unser Zelt aufstellten, entdeckten wir einen Land Rover mit Zürcher Nummernschild und schon kurz darauf waren wir im Gespräch mit René. Wir waren uns von Beginn weg sympathisch und die Geschichten über sein Leben und seine Reisen waren äusserst spannend. Mit seinem Land Rover startete er vor einigen Jahren in Zürich und fuhr über Spanien, Marokko und das westliche Afrika bis an den südlichsten Punkt des Kontinents. Im Schweizer Sommer hat er seinen Land Rover bei einer Farm in Südafrika untergestellt, wohnt in einem Wohnwagen auf einem Campingplatz im Raum Zürich und arbeitet als Intensivpfleger. Kaum werden die Tage kürzer, verlässt er die kalte Schweiz und führt seinen Jeep in Afrika herum, manchmal mit, manchmal ohne Begleitung. Doch schon bevor er in Besitz dieses Autos war, reiste er durch alle Welt und so konnten wir uns über verschiedenste Länder austauschen. An diesem ersten Abend mit René vergingen die Stunden wie im Flug und wir vergassen sogar unser geplantes Abendessen.

Die Tage gingen wir hier mal wieder ruhig an: Wir spazierten durchs Dorf, wo es meist friedlich zu und her ging. Die sandigen Gassen und einfachen Häuser waren zwar belebt, aber im Vergleich zu Malawi, wurde man als Tourist nicht sonderlich gemustert. Wir kauften Souvenirs, kochten, faulenzten und allabendlich plauderten wir stundenlang mit René. Tagesausflüge auf den Bazaruto Archipel werden einem hier zwar wärmstens empfohlen, die Wassertemperatur (rund 22 Grad) und das Wetter spielten aber nicht mit. Seit 1971 ist der aus fünf Trauminseln bestehende Archipel ein Nationalpark, dadurch blieb er vom Massentourismus bisher verschont. Die wenigen Unterkünfte sind dem Luxustourismus vorbehalten und so war es für uns nicht möglich, ein paar Tage auf einer der Inseln zu verweilen. Aber auch die eintägigen Touren hätten einen Happen Geld gekostet, und deshalb entschieden wir uns, dieses Geld fürs Tauchen aufzusparen. Als wir eines Abends zu dritt eine Disco im Dorf aufsuchten, hatten wir einen kleinen Zusammenstoss mit einem Polizeibeamten. Allgemein gilt die Polizei in Mozambique als korrupt und ziemlich unfreundlich. Schon in Malawi hatte uns jemand vor den unberechenbaren Polizisten gewarnt. Doch an diesem Abend blieben auch wir nicht verschont. Als René den Polizisten freundlich nach dem Weg fragte, wurde dieser plötzlich unangenehm und fragte nach unseren Pässen, die wir natürlich an Abenden (aus Sicherheitsgründen) nicht mit uns tragen. Wir blieben gelassen und erklärten ihm freundlich unsere Lage. Er liess nicht locker und drohte, uns mit aufs Revier zu nehmen. Wir boten ihm an die Pässe zu holen, zurückzukommen und sie ihm zu zeigen. Doch er weigerte sich. Von diesem Trick hatten wir gehört: Die Polizisten fragen nach den Dokumenten (die man in Mozambique laut Gesetz auf sich tragen sollte) und haben so die Möglichkeit, Touristen zu drohen oder aufs Revier zu nehmen, bis sie mit Geld herausrücken. Zum Glück hatten wir René dabei, der sich mit solchen Situationen besser auskennt als wir und das einzig Richtige tat: Er begann zu reden, und zwar über alles Mögliche. Er verlangte den Ausweis des Polizisten und sagte, dass er die Schweizer Botschaft anrufen müsse etc. Nach etwa 15 Minuten hin- und her diskutieren, liess uns der Polizist gehen, etwas verwirrt vom ganzen Gerede unseres Kumpanen.

René bot uns an, gemeinsam in den Süden zu reisen, da dies auch auf seinem Weg Richtung Südafrika lag. Das Angebot kam wie gewünscht und so machten wir uns Tags darauf zu dritt mit seinem Land Rover auf Richtung Tofo.

Tofo

Da René schon mal in Tofo gewesen war, folgten wir seiner Empfehlung und quartierten uns im Tofo Beach Backpackers ein. Eine Unterkunft in Strandnähe, in der wir für wenige Dollar unser Zelt aufstellen konnten. Tofo liegt wie Vilanculos am indischen Ozean und zählt zu einer der beliebtesten Stranddestination in Mozambique. Das kleine Dorf erstreckt sich über einen langen weissen Sandstrand und man findet viele Unterkünfte und Tauchschulen. Die Unterwasserwelt beherbergt unzählige Korallenriffe und ist Heimat von Mantarochen, Walhaien und Meeresschildkröten. Dies war auch der Grund unseres Besuches.

Noch bevor wir mit den ersten Tauchgängen begannen, wurde uns der Nitroxkurs angeboten. Dieser Kurs, der aus einem Theorieteil und einem anschliessenden schriftlichen Test besteht, erlaubt einem, mit sauerstoffangereicherter Luft (Nitrox) zu tauchen. Nitrox ist ein künstliches Atemgasgemisch, das aus den Bestandteilen der Luft besteht. Im Gegensatz zur Atemluft werden bei Nitrox die Anteile der Einzelgase verschoben. Besteht Luft aus circa 78% Stickstoff, 21% Sauerstoff und ungefähr 1% Edelgase und Kohlenstoffoxid, so wird bei Nitrox der Stickstoffanteil verringert. Im Gegenzug steigt der Sauerstoffanteil. Es wird beim Tauchen eingesetzt, um die Anreicherung von Stickstoff im Gewebe zu verlangsamen und so die Nullzeit zu verlängern, beziehungsweise die Gefahr einer Dekompressionserkrankung zu verringern. Dies ermöglicht einem längere Tauchgänge. Im Gegenzug verringert es jedoch die maximale Tauchtiefe, da im Vergleich zu Luft eine höhere Sauerstoffkonzentration vorliegt, was zu einer Sauerstoffvergiftung führen kann, wenn man die Tauchzeiten und Tiefen nicht einhält. Für Nicht-Taucher klingt das ziemlich kompliziert, deshalb beenden wir hier unseren theoretischen Exkurs. Auf jeden Fall ist das Tauchen mit Nitrox in Tofo sehr verbreitet, weil man hier in Tiefen taucht, in denen man mit diesem Luftgemisch die Tauchgänge deutlich verlängern kann. Wir entschlossen uns, diesen Kurs zu absolvieren und stürzten uns gleich auf die Lektüre und die Theorie, die es für das erfolgreiche Abschliessen des Tests zu studieren gab.

Am nächsten Tag ging's endlich wieder unter Wasser. Als wir alle gemeinsam das grosse Gummiboot ins Wasser gehievt hatten, waren wir bereits nass und die windige Fahrt zu unserem ersten Tauchplatz wärmte uns nicht wieder auf. Per Rückwärtsrolle und sogenanntem „Negativ-Entry“ tauchten wir gleich unter. Leider waren wir an diesem Tag nicht vom Glück gesegnet und sahen nur wenige Tiere. Die zahlreich vorhandenen Mantarochen liessen sich nicht blicken und so kehrten wir nach zwei Tauchgängen ziemlich verfroren wieder zurück. Auf dem Rückweg sahen wir dann dafür Buckelwale, die unweit des Bootes aus dem Wasser sprangen, ein wunderbarer Anblick. Eigentlich wollten wir am nächsten Tag nochmals tauchen, doch Cri erwachte mit verstopfter Nase und Husten (wie schon auf den Philippinen) und so beliessen wir es bei den beiden Tauchgängen. Dafür lernten wir fleissig für unseren Nitrox-Test, den wir nach einem ruhigen Tag ohne grosse Schwierigkeiten bestanden.

Schon als wir in Tofo ankamen, gesellte sich Rhéline, eine Kanadierin, zu uns. Nach Kurzem war klar, dass sich unsere Gruppe um ein Mitglied erweitert hatte und wir von nun an zu viert Richtung Süden reisen. Platz genug hatten wir ja alle in René‘s Land Rover. Und wie es eben so ist, wenn man mit einem eigenen Fahrzeug unterwegs und nicht an eine bestimmte Route gebunden ist, legten wir die Strecke auf Abwegen und Off Road zurück. Nach einem zweistündigen Zwischenstopp im nahegelegenen Städtchen Inhambane, wo wir durch die Gassen schlenderten und unsere Essensvorräte für die kommenden Tage aufstockten, ging es los.

Off Road Richtung Maputo

Die sandige Strasse der Küste entlang, die teilweise wirklich nur mit Allradantrieb zu überwinden ist, zeigte sich von ihrer schönsten Seite. Wir fuhren durch saftig grüne Landschaften, Palmwälder, kleine Dörfer und kreuzten immer wieder Jeeps, die auf dem Weg Richtung Norden waren. Meist waren es Fahrzeuge mit südafrikanischen Nummernschildern, denn seit ein paar Tagen waren die Ferien der Südafrikaner angebrochen. Diese verreisen im Winter meist an die Strände der mozambiquanischen Küste. Viele der Unterkünfte, bestehend aus Self-Catering Bungalows, Strandhäusern, Villen und Campingplätzen, liegen so abgelegen und unerreichbar für Touristen ohne Auto, dass sie auch nur zur Hauptsaison, d.h. zu Ferienzeiten der Südafrikaner, geöffnet sind. So kam es, dass wir für unsere erste Nacht einen schönen abgelegenen Campingplatz fanden, der gerade eben seine Türen öffnete. Dank René, der die Kunst des Verhandelns nur zu gut beherrscht, konnten wir uns hier für eine Nacht zu einem vernünftigen Preis einquartieren. Wir stellten unsere Zelte im Sand auf, gönnten uns eine warme Dusche, kochten und spielten einen Abend lang das Kartenspiel „Wizard“.

Am nächsten Tag packten wir unsere sieben Sachen und setzten unsere Off Road Reise fort. Diesmal navigierten wir mit GPS und wählten noch abgeschiedenere Pfade. Auch Manu durfte sich mal ans Steuer setzen, judihuiii! Manchmal fuhren wir durch den Busch, wo es nicht einmal mehr einen erkennbaren Weg oder Spuren gab. Einmal fanden wir nur dank Anweisungen von Einheimischen den Pfad wieder. Die Landwege waren äusserst spektakulär und manchmal kamen wir uns vor wie richtige Entdecker, die Wege beschreiten, die sonst noch nie zuvor andere Touristen zu Gesicht bekommen hatten. Wir fuhren durch kleine Dörfer, manchmal waren es nur ein paar einfache Hütten, begegneten Kindern, die Wasser aus dem Brunnen pumpten und zogen sogar ein steckengebliebenes Auto aus dem Sand, welches ohne unsere Hilfe wohl noch Stunden oder Tage nicht vom Fleck gekommen wäre. Später passierten wir wunderschöne Lagunen und picknickten an einem einsamen Strand, wo sich René und Manu einen kurzen Schwumm im kühlen Meer gönnten. Auch hier konnten wir erneut Wale beobachten. Nach vielen Stunden auf Abwegen und einer wunderschönen Fahrt durch die Pampa von Mozambique kamen wir irgendwie, irgendwo, irgendwann wieder zurück auf die Hauptstrasse. Bald bogen wir in eine Seitenstrasse Richtung Zavora Beach ein. Noch wenige Kilometer trennten uns von unserem nächsten Ziel. Doch als wir den letzten Hügel in Angriff nahmen, ächzte und krachte es und dann ging gar nichts mehr. Wie René nach einem kurzen Blick unter das Auto feststellen musste, war die „Prop Shaft“ (Kardanwelle) gebrochen. Trotz den notwendigen Werkzeugen und „WD 40“ gelang es ihm nicht, die festsitzenden Schrauben zu lösen und die Welle abzumontieren. Viele der vorbeifahrenden Autos blieben stehen und boten ihre Hilfe an. Manu fuhr mit einem italienischen Missionar zu dessen Spital und kam kurze Zeit später mit kaltem Cola und frischen Brötchen zurück. Der Missionar rief einen Mechaniker an, dies taten auch noch zwei weitere vorbeifahrende Fahrzeuge. Doch es war bereits dunkel und auch 1 ½ Stunden und 10 Brötchen später war noch immer kein Helfer in Sicht. Als wir in die angesteuerte Lodge anriefen und unser Problem schilderten, versicherte man uns, es würde sich jemand auf den Weg machen. Tatsächlich tauchte nach einer weiteren halben Stunde jemand auf, der uns helfen konnte. Auch er mühte sich zuerst mit den abgenutzten Schrauben ab, doch schliesslich konnte er die Kardanwelle abmontieren und wir fuhren einzig mit Frontantrieb zu unserer Campsite. Einen Schlafplatz hatten wir also und dank René natürlich wieder vergünstigt. Es stellte sich nur die Frage, wie wir von hier wieder wegkommen, wie weit wir so fahren können und ob es irgendwo in der Nähe eine Werkstatt mit dem passenden Ersatzteil gibt. Darüber würden wir uns morgen Gedanken machen. Wir kochten ein sehr scharfes Curry, das für eine ganze Reisegruppe gereicht hätte und spielten wiederum die halbe Nacht lang Wizard. Nachdem wir Zavora Beach bei Tageslicht in Augenschein genommen hatten, beschlossen wir, einen Ruhetag einzulegen. Wir spazierten am Strand entlang oder suchten vergebens nach Prawns im nahegelegenen Dorf.

René hatte die Telefonnummer eines Mechanikers im nächst grösseren Städtchen erhalten, der, wie man uns versprach, tatsächlich ein passendes Ersatzteil auf Lager hatte. Also fuhren wir Tags darauf nach Inharrime in besagte Autowerkstatt. Diese war, wie vermutet, typisch afrikanisch und glich eher einem Schrottplatz. Der Chefmechaniker erkannte uns sofort und kurz darauf krochen zwei junge Typen unter den Land Rover. Und wie es in Afrika üblich ist, schauten vier weitere zu. Auch das Ersatzteil war vorhanden. Die Mechaniker schweissten und „mechten“ herum und nach gut zwei Stunden war das Wunder vollbracht, die umgerechnet 30 CHF für den flotten Service bezahlt und wir waren back on the road. Wer hätte gedacht, dass dies so schnell und unkompliziert klappen würde. Wie lange die neu montierte Kardanwelle halten würde, wird sich noch zeigen.

Unsere nächste Destination hiess Quissico, wo wir am Rande einer Lagune in einer Eco-Lodge übernachten wollten. Nach mehreren Anlaufversuchen fanden wir diese dann auch. Sogleich erhielten wir eine Führung durch das wunderschön gelegene und gestaltete Gelände. So gut der Gedanke einer Eco-Lodge ist, so schlecht waren deren Unterhalt und der derzeitige Zustand. Strom war nicht vorhanden, denn es gab keine Solarpannels, warmes Wasser zum Duschen mussten wir uns selber in Kochtöpfen kochen und fürs Abendessen hatten wir dann noch nicht einmal mehr Gas zur Verfügung. Dafür lud man uns zum üppigen Geburtstags-BBQ eines Mitarbeiters ein und wir schlugen uns die Bäuche mit Fisch und Poulet voll. Spielten wir zu Beginn mit dem Gedanken ein paar Tage hier zu verweilen, verwarfen wir diesen in Anbetracht der schlechten Einrichtung aber wieder.

Rhéline wollte am nächsten Abend in Maputo den Bus nach Johannisburg nehmen uns so ging es für alle weiter Richtung Hauptstadt. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir geplant, mit René bis an die südafrikanische Grenze zu reisen und in Punta d’Ouro eventuell nochmals zu tauchen. Doch auch für ihn wurde die Zeit knapp und er entschied sich, ein paar Tage in Maputo zu bleiben und seinen Land Rover dann ohne Umwege wieder in Südafrika unterzustellen.

Maputo und Inhaca Island

In Maputo beschafften wir uns zuerst eine notariell beglaubigte Passkopie, um erneuten Zusammenstössen mit der Polizei aus dem Weg zu gehen. So mussten wir nicht ständig unsere Originaldokumente auf uns tragen. In unserer Unterkunft schrieben wir Zelt und Schlafsäcke zum Verkauf aus und hofften auf ein paar extra Dollars. Als Manu dann eines Abends sein Notizbuch verkehrt herum öffnete, fielen daraus – wir trauten unseren Augen nicht – etwa 40‘000 malawische Kwacha, umgerechnet ca. 120 CHF. Das hatte uns gerade noch gefehlt! Da es in Malawi nur in wenigen Städten Geldautomaten gab, bezogen wir wann immer möglich den Maximalbetrag und verstauten das viele Geld an diversen Orten. An manche Verstecke konnten wir uns anscheinend schlichtweg nicht mehr erinnern. Wir rauften uns die Haare, denn es war klar, dass es ein Ding der Unmöglichkeit werden würde, dieses Geld umzutauschen. Die malawische Währung schwankt zu sehr und verliert fast täglich an Wert, weshalb sie in keinem anderen Land getauscht wird. Bereits in Chimoio wollten wir den Rest unseres zambischen Geldes tauschen, was uns nicht gelang. Hätte es sich um ein paar Dollars gehandelt, hätten wir die Noten als schönes Souvenir behalten, doch was wir übrig hatten, war mehr als ein Tagesbudget. Also kam zum Aushang für unser Zelt noch ein weiterer dazu, in welchem wir unsere Kwacha zum Tausch anboten. Arrgh!

Uns blieb noch eine knappe Woche, bevor wir nach Südamerika fliegen würden und die wollten wir keinesfalls hier verbringen. Maputo war eine weitere afrikanische Hauptstadt mit wenig, das uns auf Dauer gefallen hätte. Auf eigene Faust nach Punta d’Ouro zu reisen, dafür wäre die Zeit aber dann doch zu knapp und der Weg zu umständlich gewesen. Was also tun? Hatten wir nicht schon des Öfteren auf Inseln unser ganz persönliches Glück gefunden? Das war die Lösung, den ca. 40 Kilometer von Maputo entfernt, liegt Inhaca Island (Ilha do Inhaca). So nahe an der Metropole gelegen und doch völlig anders, wie man uns sagte. Nachdem wir uns zuerst von Rhéline und anschliessend von René und seinem Defender verabschiedet hatten, fuhren wir also zum Hafen. Nach einer 3 ½ stündigen Fahrt im Schiffsbauch einer kleinen Fähre, zwischen Geburtstagtorte und Einheimischen, erreichten wir Inhaca. Obwohl es wie aus Kübeln goss, wussten wir sogleich, dass wir die richtige Entscheidung getroffen hatten.

Am Hafen warteten schon zwei Jungs des Guesthouses Cool Runnings, das wir dank einem wertvollen Tipp der Mitarbeiter des Backpackers in Maputo kannten, auf uns. Auf der Insel existieren nur ganz wenige Unterkünfte und diese sind meist teuer. Cool Runnings ist da eine Ausnahme. Wir bezahlten die Taxe für die Insel, die wir dank den Jungs zum Preis eines Einheimischen bekamen und sprangen auf deren Jeep. Vom Hafen fuhren wir über einen sandigen Weg durch ein kleines Dorf und 5 Minuten später waren wir bereits da. Wir quartierten uns in einem kleinen, gepflegten Zimmer ein und nahmen vor dem Fernseher im Gemeinschaftsbereich Platz. Immer noch regnete es wie aus Kübeln, so dass wir für diesen ersten Tag keine grossen Pläne schmiedeten. Nach ein paar Minuten lag ein komischer, abgestandener Geruch in der Luft und wir entdeckten im Garten der Unterkunft vier abgetrennte Kuhköpfe. Nicht gerade appetitlich, doch als wir uns danach erkundigten, sagte man uns, dass bald ein Fest gefeiert und dies eines der Mitbringsel bzw. eine der Delikatessen des Abendessens sein werde. Die Kadaver rochen scheusslich! Wir waren froh, als etwa eine halbe Stunde später eine Frau vorbeikam und die Köpfe in die Tiefkühltruhe legte. Bald kam Roger vorbei, das Oberhaupt der Cool Runnings Brüder und erklärte uns, wo wir was auf der Insel finden würden und dass wir uns wie Zuhause fühlen sollten. Am zweiten Tag kam die Sonne zurück und wir erkundeten zu Fuss einen Teil der Insel. Bald mussten wir feststellen, dass Inhaca grösser ist, als wir dachten und es neben einem riesigen Leuchtturm auf der anderen Seite noch sehr viel mehr zu entdecken gibt. Das Leben auf der Insel unterscheidet sich deutlich von dem auf dem Festland. Die Menschen sprechen neben Portugiesisch auch „Shangani“ und auch sonst ist das Leben der Inselbewohner deutlich anders als das der Menschen aus der naheliegenden Hauptstadt. Mit einer Fläche von 52 km2 war die Insel einst Teil des Festlandes. Noch vor 20 Jahren war sie im Süden mit der Manchangulo Halbinsel verbunden. Obwohl Inhaca punkto Vegetation, Tier- und Unterwasserwelt enorm viel zu bieten hat, zieht es die Menschen an die Strände im Norden Maputos und die Insel ist und bleibt eine Art vergessenes oder ausgelassenes Juwel auf den meisten Reisen durch Mozambique.

Da wir bis zu diesem Zeitpunkt unser Campingmaterial immer noch nicht verkaufen konnten, hatten wir Zelt und Schlafsäcke mit auf die Insel geschleppt. Viele Menschen auf dem Kontinent sind Meister des Handelns, also machten auch wir mit Roger einen Deal. Wir boten ihm unsere Sachen zum Verkauf an. Die vorgeschlagenen Verkaufskosten deckten sich mit dem Preis für die beiden Nächte ziemlich genau und so war der Handel vollbracht. SOLD!

Inhaca war ein schöner und entspannter Abschluss unserer Reise durch das südliche Afrika. Erholt und glücklich steuerten wir nach drei Tagen auf der Insel erneut Maputo an. Es blieben uns noch zwei Nächte, bis wir Afrika verlassen würden. Wir machten noch ein paar Einkäufe und besuchten an unserem letzten Abend ein Live-Konzert einer afrikanischen Reggae-Band im angesagten Kulturzentrum „Nuclea de Arte“.

Dann hiess es Abschied nehmen von Mozambique und dem schwarzen Kontinent, was uns alles andere als einfach fiel. Auf der einen Seite freuten wir uns ausserordentlich auf Südamerika und auf einen Wechsel in vielerlei Hinsicht. Auf der anderen Seite waren sämtliche Erfahrungen und Erlebnisse in Afrika prägend für uns und auch noch nicht komplett verarbeitet. Der Kontinent hat uns eine Welt und ein Leben gezeigt, wie wir es bisher nicht kannten. Die Lebensweisen, die wir hier kennen lernen durften, unterscheiden sich so stark von all denen, die wir bisher kannten und auf unserer bisherigen Reise begegneten, dass wir zum Abschluss unseres Blogs zu Afrika noch einen kurzen Eintrag anhängen möchten.

An dieser Stelle möchten wir uns ganz herzlich bei René für die gemeinsame Zeit und den Transport bedanken. Dank ihm und seinem Land Rover konnten wir Teile von Mozambique erkunden und geniessen, die mit den im Lande vorhandenen Verkehrsmitteln nicht zu erreichen gewesen wären. Mozambique hat zwar viel Küste, schöne Strände und eine artenreiche Unterwasserwelt zu bieten, die Angebote für Reisende mit schmalem Budget sind jedoch beschränkt und für „Backpackerverhältnisse“ überteuert. So waren wir am Ende froh darüber, dass wir die Dauer unseres Aufenthaltes in Malawi zulasten der Zeit in Mozambique verlängert hatten.

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