2013-08-20

Als Fackelgas wird jener fossile Stoff bezeichnet, der nicht zur Energieerzeugung eingesetzt, sondern als Nebenprodukt bei der Erdölgewinnung einfach verbrannt wird. Zu sehen etwa auf den schwimmenden Bohrinseln, wo das eigentlich kostbare Erdgas in schwarzen Rauch aufgeht. Von der energetischen Verschwendung abgesehen, ein äußerst klimaschädlicher Vorgang, dem nun ein deutsches Expertenteam zu Leibe rücken will. Ziel ist, das Abfackeln nicht nur zu verhindern, sondern das bei der Erdölgewinnung automatisch weichende Erdgas aufzufangen und in Benzin umzuwandeln. Mobil und wirtschaftlich.

Neue Syntheseanlage soll mobil und rentabel sein

Als natürlicher Stoff kommt Erdgas in tiefen Gesteinsschichten vor, wo es sehr häufig an Erdölvorkommen grenzt. Bei Ölbohrungen kommt es deshalb fast immer zu einem automatischen Erdgasaustritt. Als Nebenprodukt, dessen Weiterverarbeitung an diesen Orten vergleichsweise aufwendig und kostspielig ist, wird es von den Konzernen entweder verbrannt oder schlicht ausströmen gelassen. Dabei ist letztere Methode noch weitaus schädlicher, weil Erdgas in seiner Ausgangsform einen hohen Methananteil aufweist, das den Klimawandel rasant beschleunigt. Wird das Gas verbrannt, entstehen unter anderem CO2, Schwermetalle sowie Stick- und Schwefeloxide. Kohlenstoffdioxid zählt zwar ebenso zu den klimaschädlichen Treibhausgasen, Methan ist jedoch etwa um das Zwanzigfache gefährlicher. Lediglich in vereinzelten Erdölförderländern wie z.B. Norwegen ist das Ablassen und Verbrennen streng verboten. Hier wird es stattdessen vorwiegend für die Stromerzeugung verwendet.

Schätzungen zufolge werden jährlich 150 Milliarden Kubikmeter Erdgas verbrannt. Dies entspricht in etwa der Menge, die von den EU-Mitgliedsstaaten in vier Monaten verbraucht werden, Rohstoffwert: ca. 40 Milliarden Dollar. Gerade in Zeiten des Fracking-Booms scheint diese Ressourcenverschwendung grotesk. Vielerorts lässt man also riesige Erdgasmengen wegen des vermeintlich erhöhten Förderungsaufwands unverbraucht in die Luft steigen, um diesen Verlust durch die komplizierte wie kostenintensive Förderung unkonventioneller Gasvorkommen wieder wettzumachen.

Ein deutsches Expertenteam will dem nun entgegenwirken. Im Rahmen des Projekts Syngas to Fuel  konstruierten Vertreter der TU Bergakademie Freiberg in Kooperation mit dem Unternehmen Chemieanlagenbau Chemnitz eine Synthesegas-Anlage, welche das aufsteigende Gas in Benzin umformen kann. Der Versuchsaufbau besteht aus einem sechs Kilometer langen Rohrsystem und ist seit nunmehr 2,5 Jahren in Betrieb. In dieser Zeit gelang es den Wissenschaftlern, das Syntheseverfahren soweit zu optimieren, dass die Kosten der Benzinherstellung im Vergleich zu denen von ähnlichen Konkurrenzversionen um ca. Zweidrittel gesenkt werden konnten. In einem nächsten Schritt beabsichtigen die Forscher das Ausmaß der Anlage, das in der Fläche der Größe eines Fußballfelds entspricht, deutlich zu verkleinern. Hierfür soll der momentan zweistufige Produktionsprozess auf einen einstufigen reduziert werden. Gelingt dies, könnte die Anlage schon bald als mobile Lösung an Erdölfelder transportiert werden, um dort bis zum Versiegen der Ölquelle ihre Dienste zu tun. In der Unabhängigkeit des Standorts liegt zugleich der Schlüssel für die Rentabilität des Ganzen. Bisherige Erdgas-Weiterverarbeitungsanlagen sind mehrere Kilometer lang und daher in der Anschaffung sehr teuer. Für Unternehmen wie BP oder Exxon Mobile amortisieren sich diese Modelle erst nach ungefähr 40 Jahren, Ölquellen sind jedoch schon sehr viel früher ausgeschöpft. Die Lösung einer mobilen Anlage ist somit dringend von Nöten, um die Erdgasverschwendung, die 2% der energetischen Treibhausgasemissionen ausmacht, zu stoppen.

Weiterführende Informationen:

DGMK Deutsche Wissenschaftliche Gesellschaft für Erdöl, Erdgas und Kohle  e.V.

WEG Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung e.V.

Empfehlung der Redaktion:

„Ölkatastrophe im Nigerdelta“, NDR-Produktion, Beitrag in der Sendung Weltbild vom 28. Mai 2013 http://www.ardmediathek.de/ndr-fernsehen/weltbilder/nigeria-oelkatastrophe-im-nigerdelta?documentId=14948108

 

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