2016-11-05

Mein jüngstes Projekt begann mit einem Märklin-Kesselwagen,

den ein Freund mir schenkte. Für Kesselwagen habe ich schon seit lang

zurückliegender Spur-Null-Zeit eine Vorliebe, und das wusste er natürlich. So

ein zweiachsiger Märklin-Uralt-Kesselwagen mit dem dicken, viel zu hoch

liegenden Kessel war ihm zugelaufen, und er hatte keine Verwendung dafür. So

kam er zu mir.

Im alten Benno-Brückel-Forum fand ich eine Umbauanleitung,

die den Waggon etwas vorbildgetreuer aussehen ließ, aber eben nur etwas, und

das reichte mir nicht. Daraufhin habe ich mich mal mit dem Modell

auseinandergesetzt und es vermessen. Der Kesseldurchmesser entsprach ziemlich

genau einem 2,90-m-Kessel, und so machte ich mich im Netz auf die Suche nach

entsprechenden Wagen.

Auf einer Seite, die es nicht mehr zu geben scheint

(tankcar.de), fand ich tatsächlich ein Vorbild mit diesem Durchmesser – einen

Waggon aus den 50ern von LHB –, dazu auch eine Darstellung der wichtigsten

Abmessungen. Es handelt sich dabei um einen Leichtbau-Kesselwagen mit 40 m3

Inhalt. Mit den Maßen für Achsstand, LüP, Länge des Kessels usw. konnte ich

dann schon etwas anfangen und begann, erste Skizzen zu machen.

Der Durchbruch bei meiner Planung kam mit dem Erscheinen des

lang erwarteten Kesselwagen-Buchs von Stefan Carstens. Darin wurde genau diesem

Waggon ein Kapitel gewidmet, mit Beschreibung, diversen Vorbildfotos und einer

wunderbaren Ansichtszeichnung.

Jetzt konnte es endlich losgehen. Da ich schon gute

Erfahrungen mit Ätzteilen nach selbst erstellten Zeichnungen gemacht hatte,

entschloss ich mich, nur den Kessel weiterzuverwenden, alles andere hingegen aus

Messing zu bauen.

Was ich mir da angetan hatte, wurde mir erst im Laufe der

Zeit klar. Ich musste den Waggon quasi komplett durchkonstruieren und von jedem

Einzelteil Zeichnungen anfertigen, jeweils Vorder und Rückseite. Um mir die

Arbeit etwas leichter zu machen, hatte ich zunächst die Ansichtszeichnungen aus

dem Buch auf die spätere Modellgröße hochvergrößert. So musste ich viele Maße nicht

aufwendig umrechnen, sondern konnte sie 1:1 davon abnehmen.

Zur Vorabkontrolle habe ich dann die wichtigsten Bauteile

auf gedoppelten Karton ausgedruckt, ausgeschnitten und zu einem Dummy

zusammengeklebt. Damit konnte ich die gröbsten Fehler schon vorher erkennen und

eliminieren.



Als Material hatte ich mich für 0,5 und 0,3 mm Messing

entschieden, was teilweise auch aufeinandergelötet wurde, um die

unterschiedlichen Materialstärken des Vorbilds (die ich nicht wusste, ich bin

da eher nach Gefühl vorgegangen) darstellen zu können.

Anschließend gingen die Dateien zum Ätzbetrieb meines

Vertrauens (aehc.de). Der Betrieb liegt nicht nur ganz in meiner Nähe, der

Inhaberfamilie ist ebenfalls eisenbahn-affin, hat daher reichlich Erfahrung und

Verständnis für solche Aufgaben und liefert zudem erstklassige Qualität.



Nach Abholung der Ätzplatinen begann die Montage. Zum Biegen

der äußeren Langträger habe ich mir eine einfache Vorrichtung gebaut, die ich

in meinen kleinen Schraubstock einspannen kann. Sie besteht aus zwei langen

Alu-Winkelprofilen, die ich mit zwei Führungsbolzen bzw. passgenauen Bohrungen versehen

habe. Darin kann ein Ätzblech über eine Länge von ca. 30 cm eingespannt und mit

Hilfe eines weiteren Aluwinkels sauber an der angeätzten Knicklinie abgewinkelt

werden.

Der Rahmen war recht schnell zusammengebaut, auch wenn sich

hier und da Passungenauigkeiten im Zehntel- bis Halbmillimeterbereich ergaben.

Mehr Fingerspitzengefühl und Zeitaufwand erforderten die diversen Anbauteile

wie Aufstiege, Laufstege, Bühnengeländer und und und...



Außerdem benötigte ich natürlich einiges an Guss- und

anderen Zubehörteilen wie Puffer, Kupplungen, Federpakete, Achslager, Radsätze

etc. pp. von den einschlägigen Lieferanten Asoa, Hegob und Spur-1-Werkstatt.

Da ich mich ja zu den „1pur-isten“ zähle, wollte ich auch so

viele Bauteile wie möglich mit ihren Originalfunktionen wiedergeben. Dazu

zählen neben der vorbildgerechten Blattfederung

klappbare Domdeckel, ein drehbare Betätigung für das Bodenventil, funktionale

Handbremsmechanik sowie eine voll bewegliche Bremsanlage. Alle diese Details

kann man leider nicht kaufen, die muss man dann schon selber herstellen.

Zunächst wurde der viel zu lange Kessel von den störenden

Aufbauten befreit und auf das Vorbildmaß verkürzt. Dann wurden die Bohrungen

für die beiden Dome gesetzt, zuerst Löchlein an Löchlein gebohrt, anschließend

mit einer Feile auf Maß gebracht, jedenfalls so ungefähr...

Die Kesseldome entstanden aus Messingrohr, die gewölbten Deckel habe ich aus

weichem Messingblech gedrückt, die Scharnierteile (im Bild provisorisch

zusammengebaut) befanden sich auf der Ätzplatine. Handrad und Flansch für das

Bodenventil sind Gussteile.

Eine bewegliche Handbremse hatte ich schon einmal für einen

Drehgestell-Kesselwagen gebaut. Die Funktion dabei beschränkte sich aber auf

die Bewegung der Zugstange zum

Bremshebel. Diesmal wollte ich aber einen Schritt weiter gehen. Ob er gelingt,

hängt von der Endmontage – nach der Lackierung aller Einzelteile – ab.

Für die Knorr Einheitsbremse mit GP-Wechsel, die in demWaggon zum Einsatz kam,

fand ich auf der Asoa-Webseite ein Pdf, das den genauen Aufbau dieser Anlage zeigt.

Allerdings ist die Anordnung der Bedienungselemente bei diesem

Kesselwagen anders. Daher hatte ich,ebenfalls in einem meiner eigentlich beruflich

genutzten Programme, die einzelnen Elemente so zusammengefügt, wie sie im Vorbild

angeordnet gewesen sein müssten, und dementsprechend meine Bauteile ätzen lassen.

Der Bremszylinder selber und der Lastwechselkasten sind Gussteile, alles andere ist

geätzt und, beispielsweise bei den diversen Ösen der Hebelmechanik, bis zu

dreifach aufeinandergelötet. Die komplette Bremsapparatur war nun tatsächlich

beweglich!

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