Mein jüngstes Projekt begann mit einem Märklin-Kesselwagen,
den ein Freund mir schenkte. Für Kesselwagen habe ich schon seit lang
zurückliegender Spur-Null-Zeit eine Vorliebe, und das wusste er natürlich. So
ein zweiachsiger Märklin-Uralt-Kesselwagen mit dem dicken, viel zu hoch
liegenden Kessel war ihm zugelaufen, und er hatte keine Verwendung dafür. So
kam er zu mir.
Im alten Benno-Brückel-Forum fand ich eine Umbauanleitung,
die den Waggon etwas vorbildgetreuer aussehen ließ, aber eben nur etwas, und
das reichte mir nicht. Daraufhin habe ich mich mal mit dem Modell
auseinandergesetzt und es vermessen. Der Kesseldurchmesser entsprach ziemlich
genau einem 2,90-m-Kessel, und so machte ich mich im Netz auf die Suche nach
entsprechenden Wagen.
Auf einer Seite, die es nicht mehr zu geben scheint
(tankcar.de), fand ich tatsächlich ein Vorbild mit diesem Durchmesser – einen
Waggon aus den 50ern von LHB –, dazu auch eine Darstellung der wichtigsten
Abmessungen. Es handelt sich dabei um einen Leichtbau-Kesselwagen mit 40 m3
Inhalt. Mit den Maßen für Achsstand, LüP, Länge des Kessels usw. konnte ich
dann schon etwas anfangen und begann, erste Skizzen zu machen.
Der Durchbruch bei meiner Planung kam mit dem Erscheinen des
lang erwarteten Kesselwagen-Buchs von Stefan Carstens. Darin wurde genau diesem
Waggon ein Kapitel gewidmet, mit Beschreibung, diversen Vorbildfotos und einer
wunderbaren Ansichtszeichnung.
Jetzt konnte es endlich losgehen. Da ich schon gute
Erfahrungen mit Ätzteilen nach selbst erstellten Zeichnungen gemacht hatte,
entschloss ich mich, nur den Kessel weiterzuverwenden, alles andere hingegen aus
Messing zu bauen.
Was ich mir da angetan hatte, wurde mir erst im Laufe der
Zeit klar. Ich musste den Waggon quasi komplett durchkonstruieren und von jedem
Einzelteil Zeichnungen anfertigen, jeweils Vorder und Rückseite. Um mir die
Arbeit etwas leichter zu machen, hatte ich zunächst die Ansichtszeichnungen aus
dem Buch auf die spätere Modellgröße hochvergrößert. So musste ich viele Maße nicht
aufwendig umrechnen, sondern konnte sie 1:1 davon abnehmen.
Zur Vorabkontrolle habe ich dann die wichtigsten Bauteile
auf gedoppelten Karton ausgedruckt, ausgeschnitten und zu einem Dummy
zusammengeklebt. Damit konnte ich die gröbsten Fehler schon vorher erkennen und
eliminieren.
Als Material hatte ich mich für 0,5 und 0,3 mm Messing
entschieden, was teilweise auch aufeinandergelötet wurde, um die
unterschiedlichen Materialstärken des Vorbilds (die ich nicht wusste, ich bin
da eher nach Gefühl vorgegangen) darstellen zu können.
Anschließend gingen die Dateien zum Ätzbetrieb meines
Vertrauens (aehc.de). Der Betrieb liegt nicht nur ganz in meiner Nähe, der
Inhaberfamilie ist ebenfalls eisenbahn-affin, hat daher reichlich Erfahrung und
Verständnis für solche Aufgaben und liefert zudem erstklassige Qualität.
Nach Abholung der Ätzplatinen begann die Montage. Zum Biegen
der äußeren Langträger habe ich mir eine einfache Vorrichtung gebaut, die ich
in meinen kleinen Schraubstock einspannen kann. Sie besteht aus zwei langen
Alu-Winkelprofilen, die ich mit zwei Führungsbolzen bzw. passgenauen Bohrungen versehen
habe. Darin kann ein Ätzblech über eine Länge von ca. 30 cm eingespannt und mit
Hilfe eines weiteren Aluwinkels sauber an der angeätzten Knicklinie abgewinkelt
werden.
Der Rahmen war recht schnell zusammengebaut, auch wenn sich
hier und da Passungenauigkeiten im Zehntel- bis Halbmillimeterbereich ergaben.
Mehr Fingerspitzengefühl und Zeitaufwand erforderten die diversen Anbauteile
wie Aufstiege, Laufstege, Bühnengeländer und und und...
Außerdem benötigte ich natürlich einiges an Guss- und
anderen Zubehörteilen wie Puffer, Kupplungen, Federpakete, Achslager, Radsätze
etc. pp. von den einschlägigen Lieferanten Asoa, Hegob und Spur-1-Werkstatt.
Da ich mich ja zu den „1pur-isten“ zähle, wollte ich auch so
viele Bauteile wie möglich mit ihren Originalfunktionen wiedergeben. Dazu
zählen neben der vorbildgerechten Blattfederung
klappbare Domdeckel, ein drehbare Betätigung für das Bodenventil, funktionale
Handbremsmechanik sowie eine voll bewegliche Bremsanlage. Alle diese Details
kann man leider nicht kaufen, die muss man dann schon selber herstellen.
Zunächst wurde der viel zu lange Kessel von den störenden
Aufbauten befreit und auf das Vorbildmaß verkürzt. Dann wurden die Bohrungen
für die beiden Dome gesetzt, zuerst Löchlein an Löchlein gebohrt, anschließend
mit einer Feile auf Maß gebracht, jedenfalls so ungefähr...
Die Kesseldome entstanden aus Messingrohr, die gewölbten Deckel habe ich aus
weichem Messingblech gedrückt, die Scharnierteile (im Bild provisorisch
zusammengebaut) befanden sich auf der Ätzplatine. Handrad und Flansch für das
Bodenventil sind Gussteile.
Eine bewegliche Handbremse hatte ich schon einmal für einen
Drehgestell-Kesselwagen gebaut. Die Funktion dabei beschränkte sich aber auf
die Bewegung der Zugstange zum
Bremshebel. Diesmal wollte ich aber einen Schritt weiter gehen. Ob er gelingt,
hängt von der Endmontage – nach der Lackierung aller Einzelteile – ab.
Für die Knorr Einheitsbremse mit GP-Wechsel, die in demWaggon zum Einsatz kam,
fand ich auf der Asoa-Webseite ein Pdf, das den genauen Aufbau dieser Anlage zeigt.
Allerdings ist die Anordnung der Bedienungselemente bei diesem
Kesselwagen anders. Daher hatte ich,ebenfalls in einem meiner eigentlich beruflich
genutzten Programme, die einzelnen Elemente so zusammengefügt, wie sie im Vorbild
angeordnet gewesen sein müssten, und dementsprechend meine Bauteile ätzen lassen.
Der Bremszylinder selber und der Lastwechselkasten sind Gussteile, alles andere ist
geätzt und, beispielsweise bei den diversen Ösen der Hebelmechanik, bis zu
dreifach aufeinandergelötet. Die komplette Bremsapparatur war nun tatsächlich
beweglich!