2016-05-10

Die EU-Kommission will ab 2017 Reisenden die Nutzung von Streamingdiensten wenigstens während Kurztrips ins europäische Ausland erleichtern. Dazu soll laut einer Ende letzten Jahres vorgelegten Portabilitätsverordung das Geoblocking zumindest partiell abschafft werden. Wie viel Spielraum gibt es beim Geoblocking? Und wer profitiert von Beschränkungen? Diese und andere Fragen diskutierten am Dienstag, 10. Mai, im Rahmen des Medientreffpunkt Mitteldeutschland Tabea Rößner, Sprecherin für Medien, Kreativwirtschaft Digitale Infrastruktur von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Thomas Weber, Deputy Managing Director, Head of Business & Legal Affairs bei der Telepool GmbH sowie der Produzent Jörg Winger. Durch die lebhafte Diskussion führte die Medienjournalistin Vera Linß.

Aus seiner Erfahrung mit dem Verkauf der Serie „Deutschland 1983“ berichtete Jörg Winger. Ohne eine internationale Vermarktung wäre die Produktion „sicherlich kein Geschäft gewesen“. Die Serie wurde zuerst in die USA verkauft, dies habe wie ein Katalysator gewirkt und die internationale Nachfrage angekurbelt. In den letzten Jahren seien die internationalen Marktpreise für Produktionen enorm gestiegen, so Winger weiter. Andererseits macht er den Beginn einer Welle von Qualitätsserien aus Deutschland aus. Mit einer Aufhebung des Geoblockings würde man sich nicht nur das Geschäftsmodell verbauen, sondern möglicherweise auch neue Produktionen verhindern. Für den Vertrieb in einem einzigen europäischen Markt müssten deutlich andere Rahmenbedingungen vorfindbar sein.

Thomas Weber wies darüber hinaus darauf hin, dass die Erlösschätzung aus der internationalen Vermarktung ein wichtiges Element bei der Planung des Finanzierungsbedarfs einer Produktion darstellt. Im Kino würde heute kaum ein Film Gewinne erzielen, daher sei es in Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit von Produktionen erforderlich, alle Verwertungsstufen im Blick zu behalten. Zudem würde das derzeitige System auch einen gewissen Schutz für kleinere Produzenten bedeuten. Wenn im Markt nur noch wenige große Player agieren, könne sich das negativ auf die Vielfalt von Produktionen auswirken.

Tatsächlich „könne man das Geoblocking nicht von heute auf morgen aufheben“, sagte auch Tabea Rößner. Allerdings wirke es in einem Europa, das immer weiter zusammenwächst, „antiquiert“, wenn die Nutzung digitaler Inhalte im Ausland nicht möglich ist. Kulturelle Vielfalt müsse grenzüberschreitend zugänglich sein, durch das Internet sei dies möglich. Vor dem Hintergrund der sich verändernden Konsumentenerwartungen müsse den Filmproduzenten zwar die Möglichkeit gegeben werden, sich auf die neuen Gegebenheiten einzustellen. Rößner forderte aber auch eine Öffnung der Branche und mehr Kreativität bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, dies könne nicht die Aufgabe der Politik sein.

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