2013-11-21


Mein Sofa ist eines meiner liebsten Möbel. Schlicht, schön, bequem und mit vielen Erinnerungen versehen – doch leider nicht nur damit. Nach und nach haben sich allerlei Flecken auf dem guten Stück breit gemacht: Neben den ein oder anderen Kaffeeklecks gesellte sich so manch verschütteter Wein und verschmierte Kinderhand. Durchgesessen und ein wenig abgewetzt ist es mittlerweile auch. Kurzum: Mein liebstes Möbel hat seine besten Tage gesehen, und so begab ich mich vor einigen Wochen auf die Suche nach einem adäquaten Ersatz. Dass es nicht einfach werden würde, hatte ich erwartet. Doch es wurde noch schwieriger. Entweder investiert man nämlich ein halbes Vermögen oder – so mein Eindruck – man muss verzichten lernen: auf Qualität oder auf Ästhetik oder auf beides. Qualität und Ästhetik im Doppelpack bekommt man offenbar nur in wenigen Ausnahmefällen zu einem moderaten Preis.
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Es war also ein echter Glücksfall, dass ich ein Sofa fand, das sowohl in unser Wohnzimmer als auch zu unserem Geldbeutel passt. Gefunden habe ich es bei Sitzfeldt, einem jungen Berliner Unternehmen, das mir genauso gut gefällt wie die Sofas, die es vertreibt. Hinter Sitzfeldt stehen nämlich drei sympathische junge Leute, denen das Thema Nachhaltigkeit genauso am Herzen liegt wie mir. Es sind die Geschwister Anna und Clemens Deyerling und ihr gemeinsamer Freund Julius Martini – alle drei Anfang 30 und entschlossen, aus gutem Design, nachhaltiger Herstellung und fairen Preisen ein erfolgreiches Geschäft zu machen. Das ist ihnen bisher gelungen. Und dabei setzen die 'Sitzfeldter' auf ein Geschäftsmodell, das sie von anderen Start-Ups unterscheidet: Organisches Wachstum statt maximaler Verkaufserlös lautet ihre Devise, die nicht das schnelle Geld, sondern 'nur' solides und dauerhaftes Geschäft verspricht. 'Wir wollen ein nachhaltig wachsendes Geschäft aufbauen', berichtet Anna Deyerling, 'und investieren daher auch viel in unsere Marke. Dazu gehört nicht nur das Image, sondern auch unser Personal und Produktsortiment.'


Ich habe einen Heidenrespekt vor dem Mut aller Gründer/innen. Es ist ja nicht getan mit einer klaren Vision und einer ordentlichen Kapitalspritze. Man muss wissen, wie man die Vision erreicht und das Geld einsetzen muss, um innerhalb eines bestimmten Zeitraums in den grünen Bereich zu kommen. Das organische Wachsen á la Sitzfeldt macht das nicht eben einfacher. 'Es ist insofern schwieriger, weil es langsamer ist als andere Wachstumsstrategien und wir jede Entscheidung genau abwägen müssen', erklärt Anna Deyerling, 'Doch dafür haben wir viel mehr Gestaltungsspielraum und können unsere eigenen Ideen viel besser umsetzen als im Rahmen einer anderen Finanzierungsstrategie.' Dieser Gestaltungsspielraum war einer der Gründe, warum sich die Drei im Jahr 2009 entschlossen, ihre gut bezahlten Jobs in verschiedenen Unternehmensberatungen zu quittieren und das sichere Angestelltenverhältnis gegen die ungewisse Selbstständigkeit einzutauschen. Für Anna Deyerling bedeutete dieser Schritt zudem, dass sie sich den Luxus von Kind und Karriere leisten konnte.

Die 33jährige zieht ihren zweijährigen Sohn alleine groß. Als ihre eigene Chefin kann sie es einrichten, drei bis vier von fünf Tagen um 15 Uhr zur Kita zu fahren und die To-Do-Listen abzuarbeiten, wenn andere vor dem Fernseher sitzen oder schlafen. 'In den Unternehmen, in denen ich vorher gearbeitet habe, wäre das nicht ohne Verluste möglich gewesen. Die wichtigsten Gespräche fanden Abends statt. Wer daran nicht teilnehmen konnte, war raus aus dem Spiel', weiß die ehemalige Projektmanagerin, die sich auf Vorstandsebene bewegte. Von einer Work-Life-Balance sind große Teile der Arbeitswelt noch weit entfernt, wie gut, dass es die neuen Unternehmer/innen anders machen und damit den Wandel forcieren. Auch das gehört in meinen Augen zur Nachhaltigkeit: Dass Arbeit und Privatleben sich nicht mehr unvereinbar gegenüberstehen.

Doch zurück zum Geschäftsmodell. Wie gelingt es eigentlich, schöne Sofas nachhaltig zu produzieren und zu fairen Preisen anzubieten? Sitzfeldt arbeitet mit bekannten Designer/innen wie Steffen Kehrle, Dirk Nachtsheim und Alice Constantinis zusammen und verwendet ausschließlich hochwertige Materialien. Die Stoffe stammen aus alteingesessenen Webereien in Italien, das Leder beziehen sie ausschließlich von der Gerberei Heller – die weltweit erste, die mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“ ausgezeichnet wurde. Und produzieren lässt Sitzfeldt in Europa unter fairen Bedingungen. Wie geht das? Die Antwort ist das Internet: 'Wir produzieren nach Bedarf. So fallen Zwischenhändler, kostenintensive Lager- und Verkaufsflächen weg', erklärt Clemens Deyerling.

Wenn unser neues Möbel in einigen Wochen bei uns einzieht, können wir uns also nicht nur über ein schönes Sofa freuen, sondern auch über ein gutes Gewissen. Habt ihr eine Idee, welches Sofa wir ausgewählt haben? Es ist – soviel sei verraten – ein Dreisitzer, der sich in Größe und Stil sowohl in unsere jetzige als auch in unsere neue Wohnung einfügen wird und auf einem der Fotos hier zu finden ist (allerdings in anderer Farbe).

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