2012-07-14

Tour-Jungstar Patrick Bayr ist am Dienstag Abend bei der 5. Auflage des Juni-HTT-150-Turniers im UTC La Ville erstmals in seiner Karriere zu Titelehren auf der Hobby-Tennis-Tour gekommen. Der 18jährige Niederösterreicher feierte im 39. Endspiel der aktuellen HTT-Saison in nur 52 Minuten einen mehr als verdienten und glasklaren 6:2, 6:3 Erfolg über Ex-Wimbledonsieger Michael Kunz, und rehabilitierte sich damit auch für seinen verkorksten Premieren-Finalauftritt beim heurigen Februar-HTT-250-Turnier, als er der türkischen Nummer 1 Hüseyin Tüfekci glatt in zwei Sätzen unterlag. Bayrs imposanter und ohne Satzverlust vollstreckter Erfolgsrun durch den “rappelvollen” Juni-HTT-150-Raster wurde am Tag darauf auch mit dem Karriere-High-Ranking des 18jährigen vom Heeres TC belohnt. Als aktuelle Nr. 76 der HTT-Entry-List stand der junge Arbesthaler noch nie höher. Einen Rang hinter dem frischgebackenen 160. Turniersieger der Geschichte rangiert der im Endspiel unterlegene Michael Kunz, der aber wahrlich schon bessere Zeiten auf der Hobby-Tennis-Tour erlebt hat. Ein Bericht von C.L



Fast auf den Tag vor 4 Jahren feierte Michael Kunz im “Wimbledon der Hobby-Tennis-Tour” seinen allergrößten Karriere-Erfolg

Fast auf den Tag genau vor vier Jahren, nämlich am Abend des 9. Juli 2008, hatte die ganz große Sternstunde des Michael Kunz geschlagen. Der damals 37jährige erfüllte sich mit einem in exakt 2:48 Stunden errungenen 6:1, 6:1, 3:6, 6:7, 6:4 Final-Erfolg über den damaligen Branchen-Primus Andreas Harbarth, den lange ersehnten Traum vom “Wimbledonsieg der HTT”. Exakt 48 Monate später, im Sommer 2012 ist die Sachlage im “Hause Kunz “eine ganz andere, heißt es für den Deutsch Wagramer empfindlich kleinere Brötchen backen. Seit diesem herrlichen Sommerabend und für Kunz wohl schönsten Tennistag seiner Karriere ist nämlich in Sachen Turniersiege eine echte Dürre-Periode angebrochen. Das der mittlerweile 41jährige auf Major-Ebene einer megastarken und überaus konkurrenzkräftigen Tour keine der prestigeträchtigen Trophäen mehr mit nach Hause nehmen wird, ist selbst den größten Optimisten aus dem Kunz-Lager sonnenklar. Doch anno 2012 sind für den ehemaligen Top-Ten-Star selbst die kleinen 150er-Veranstaltungen zu derzeit unüberwindbaren Hürden geworden.



Nach zwei überstandenen Dreisatz-Fights bei 35 Grad im Schatten stand Michael Kunz erstmals seit August 2010 wieder in einem Tour-Finale

Im Vorfeld hatte man den Deutsch Wagramer maximal mit Außenseiterchancen im Kampf um die Nachfolge des letztjährigen Juni-HTT-150-Champions Armando Rotter gesehen. Das lag zwar weniger an dem als Nummer 1 gesetzten Erstrundengegner Markus Hobiger, als vielmehr an den für dieses Wochenende prognostizierten Hundstagen mit abermals 35 Krügerln im Schatten! Doch dann stand Kunz zur Verwunderung vieler Experten zwei “heiße” Dreisatz-Nummern problemlos durch, ehe er im Semifinale mit seiner vielleicht besten Leistung seit vielen Jahren Asiens Top-Mann Bernard Cabildo ausschaltete, und sich so erstmals seit August 2010 wieder für ein Tour-Finale qualifizierte. Kunz-Fans – darunter Freundin Claudia – schöpften wieder Hoffnung auf ein baldiges Ende seiner Durststrecke, seine zuletzt immer mehr gewordenen Kritiker überlegten schon den passenden Widerruf, und der 41jährige selbst spekulierte nach einem wirklich stark gespielten Turnier-Wochenende mit vier Siegen in Richtung Karriere-Titel Nr. 7.



Wie eine Regenfront schon im Vorfeld die Kunz-Chancen auf seinen 7. Karriere-Turniersieg minimierte

Doch am späten Nachmittag des 10. Juli 2012 braute sich über dem Süden Wiens eine massive Regenfront und damit auch schon das Unheil für den heurigen “French-Open-Double-Champion” zusammen. Ein ganzes langes Wochenende heizte die Sommersonne vom Himmel, und ausgerechnet beim finalen Höhepunkt spielte der Wettergott nicht mit. Zwei Stunden mussten Kunz und Bayr im Foyer des UTC La Ville sitzend warten, ehe eine knapp einstündige Regenpause die Austragung des Endspiels zuließ. In den 120 Minuten davor hieß es freilich warten und geduldig sein, die Nervosität entsprechend zu kanalisieren, so gut wie möglich abzuschalten und doch die Konzentration zu behalten. Die pünktlich zu Spielbeginn eingetroffene Regenfront betraf natürlich auch Jungstar Patrick Bayr, doch “berechtigte” Sorgen über einen langsamen Sandplatz und schwere Bälle machte sich wohl nur sein Gegenüber. Um 19:30 Uhr hatten sich die beiden Final-Protagonisten sogar schon über einen Neu-Termin für Mittwoch Vormittag geeinigt, und Kunz wohl auch schon ein wenig mit einer Absage spekuliert. Als dann knapp vor 20 Uhr plötzlich doch der Aufruf seitens des Tour-Veranstalters kam, wirkte Kunz nicht wirklich “ready”. Der 2er-Court des UTC La Ville vom Regen extrem langsam, die Bälle von Babolat durch die Feuchtigkeit rasch “vollgesogen”, der Ex-Wimbledon-Sieger ohne nötiger Körperspannung und ein motivierter und engagierter junger Herausforderer, eigentlich standen schon die Vorzeichen deutlich auf Bayr-Sieg.

In nur 22 Minuten holt solider spielender Patrick Bayr Satz 1 mit 6:2

Wie weit Kunz an diesem Abend tatsächlich neben der Spur stand, machte schon die Anfangsphase dieses 39. Saison-Endspiels deutlich. Zwar hatte der 41jährige sein erstes Aufschlagspiel zum 1:0 durchgebracht, doch neun abgegebene Punkte in Serie, und das erste Break ließen nichts Gutes erahnen. Patrick Bayr hatte sich hingegen recht rasch und gut auf die zum Wochenende hin doch stark veränderten Verhältnisse eingestellt, und ließ mit einer mehr als soliden Darbietung schon zu Beginn der Partie keinerlei Zweifel aufkommen, wer sich am Ende des Tages die “schmucke Glas-Trophäe” krallen würde. Vorhand und Rückhand beidhändig übers Netz befördert, eine minimale Eigenfehler-Quote, dazu ein recht hoher Prozentsatz an ersten Aufschlägen, und voila’ die Zutaten zu Bayrs Premieren-Triumph waren angerichtet. So kam der junge Arbesthaler zu einem zweiten Break zum 5:2, und als er wenig später bei eigenem Aufschlag auch noch zwei Kunz-Chancen aufs Re-Break souverän abwehrte, und nach nur 22 Minuten der erste Satz mit 6:2 und Dach und Fach gebracht war, hatte das schon was von “echter Vorentscheidung”. In der Folge war dieses Finale von einem Schlag geprägt, und zwar von der Kunz’schen Vorhand, die beinahe in jedem der folgenden Ballwechsel für einen Eintrag in der Match-Statistik sorgte. Entweder der 41jährige knallte einen seiner Vorhand-Striche an den Zaun, oder eines dieser monströsen Geschosse schlug unnehmbar im Feld des ungläubig Kopf schüttelnden Gegners ein.

Kunz mit der Vorhand viel zu fehlerhaft und Bayr mit seinen erst 18 Jahren zum 160. Turniersieger der HTT-Geschichte avanciert

Im ersten Game des zweiten Satzes malträtierte Kunz mit seinen Vorhand-Granaten zunächst aber einmal das Tennisnetz am 2er-Court des Gastgeber-Vereins, wodurch Bayr mühelos zu einem Break und der 1:0 Führung kam. Das dieser frühe Vorteil noch nicht die endgültige Entscheidung darstellte, lag an der einzigen Schwächephase, die sich der spätere Sieger im sechsten Game des zweiten Satzes gönnte. Durch zwei Doppelfehler unterstützt, musste Bayr zum einzigen Mal in diesem Endspiel seinen Aufschlag zum 3:3 abgeben. Das bis dahin recht einseitig und klar in Richtung Bayr laufende Match war mit einem Schlag wieder offen, oder besser gesagt es wäre wieder offen gewesen, wenn Michael Kunz nur einen halbwegs guten Tag samt brauchbarer Form gehabt hätte. Doch der 41jährige kassierte äußerst fehlerhaft agierend prompt das Re-Break, und ließ seinerseits mit einer brachial geschlagenen Vorhand eine weitere Break-Möglichkeit zum 4:4 aus. Zwei weitere unforced errors mit der Vorhand, und Bayr war ohne eigenes Zutun das 5:3 sicher. Um 20:46 und nach weiteren 30 Minuten jagte Kunz dann quasi als Spiegelbild des gesamten Finales den Matchball mit den Vorhand ins Netz, und damit war Jungstar Patrick Bayr mit seinen erst 18 Jahren zum 160. Turniersieger der Open Ära avanciert.

“Ich will in ein bis zwei Jahren einmal beim Masters mit dabei sein”

Ein breites und lausbübisches Lächeln im Gesicht, präsentierte der Arbesthaler dann bei der Siegerehrung seine erste gewonnene HTT-Trophäe, um kurz darauf bei der Presse-Konferenz eine ähnlich gute Figur wie zuvor am Centercourt abzugeben. “Ich habe eine sehr große Freude mit diesem Erfolg. Ich war heute ziemlich relaxt und nicht sonderlich nervös. Ich habe locker drauf los gespielt, und ich musste auch nicht wirklich viel machen. Der Kunz hat einfach viel zu viele Fehler begangen. Ich bin positiv überrascht von meinem ersten Aufschlag, von meinen Assen, vorallem aber von der relativ hohen Quote. Die war wichtig, weil auf viele zweite Aufschläge hätte Kunz weitaus mehr Druck auf mich ausüben können. Ich dachte überhaupt das dieses Match viel schwerer werden würde, weil der Michael extrem gerade und mit viel Slice spielt. Egal, ich freue mich sehr über meinen ersten Turniersieg, und irgendwie spüre ich gerade auch ein bißchen Genugtuung für das verlorene Februar-HTT-250-Finale gegen Hüseyin Tüfekci”, analysierte der neue Juni-HTT-150-Champ. Und der 18jährige scheint ein junger Mann mit Visionen und Zielen zu sein. “Ich will in ein bis zwei Jahren einmal beim Masters am Start sein. Und mein größter Traum wäre es, in zwei Wochen bei der Babolat-Kitzbühel-Trophy das Semifinale zu erreichen. Der Turniersieg wäre mir egal, aber einmal auf dem Centercourt vor Zusehern zu spielen, wäre einfach unglaublich”, so Bayr.

Michael Kunz nach fünfter Niederlage im elften Finale seiner Karriere: “Die Enttäuschung ist riesig”

Im elften Finale seiner seit 2006 andauernden HTT-Karriere zum fünften Mal als Verlierer vom Platz gegangen, Michael Kunz saß am Dienstag Abend neben Freundin Claudia bei der abschließenden Presse-Konferenz, und sinnierte über den sprichwörtlich ins Wasser gefallenen ersten Tour-Titel seit Juli 2008. Als Kunz dem Veranstalter Rede und Antwort stand, begann es gerade wieder zu regnen, ein Sinnbild für die Gefühlslage, die der 41jährige in den ersten Momenten nach dem 2:6, 3:6 Debakel durchlebte. “Der Regen und die Feuchtigkeit waren leider sehr schlecht für mich. Die Bälle waren extrem schwer, da war es einfach schwierig, den entsprechenden Druck auszuüben. Außerdem habe ich viel zu viele Fehler gemacht. Die Enttäuschung ist riesig, weil ich schon den Titel erwartet habe. Naja, was heißt erwartet, das klingt blöd, weil der Gegner einfach extrem stark war. Erwarten konnte ich den Sieg nicht, aber ich hatte mir schon weit mehr als ein 2:6, 3:6 erhofft. Es zieht sich leider wie ein roter Faden durch meine Karriere, dass ich pro Turnier zumindest eine Partie dabei habe, wo es nicht so läuft wie ich mir das vorstelle. Und so kannst du halt heutzutage kein Turnier mehr gewinnen”, gestand ein schwer enttäuschter Michael Kunz.

 

 

 

 

 

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