2014-03-05

Die Frage nach neuen, grausam guten Ideen, die uns Telltale nun endlich in der zweiten Episode der zweiten Staffel in The Walking Dead präsentiert, traue ich mich schon gar nicht mehr zu stellen. Warum auch. Wenn die Entwickler offensichtlich von Folge zu Folge das Gameplay einstampfen. Auch in A House Divided gibt es von allem weniger. Außer der Story, die mir weit besser gefiel als in der Eröffnungsepisode von Staffel 2. Es geht zurück auf die Straße, es ist alles in Bewegung in The Walking Dead. Gut so. Beispiele: Clementine ist endgültig nicht mehr das kleine Hascherl, das beschützt werden muss und wir Spieler werden in dieser The Walking Dead-Folge erstmals nicht dazu genötigt, pseudo-selbstbetrügerisch an relevante Konsequenzen unserer Entscheidungen zu glauben. Gibt ja kaum was zu entscheiden.

Schon die letzte Episode von The Wolf Among Us war mehr interaktive Graphic Novel als Spiel. Telltale Games scheint es so zu wollen oder nicht besser/anders zu können. Jedenfalls setzt sich dieser Trend weg vom klassischen Adventure-Gameplay und hin zum begleitbaren Storytelling mit The Walking Dead fort. Mir gefällt das nicht. Aber wenn die Geschichte packt, die Charaktere interessant sind und die Dialoge sitzen, dann kommt, wie hier mit A House Divided, trotzdem ein ansehnliches Stück Software dabei heraus. Auch wenn The Walking Dead kaum noch ein Spiel ist.



Welcome, Mr. William Carver. Dieser Herr wird uns in The Walking Dead für eine Weile “begleiten”.

Der Einstieg in A House Divided führt erst einmal in die Irre, zumindest was die weitere Entwicklung dieser Episode betrifft. Denn es geht recht actionlastig zu. Da Clementine in “meinem” The Walking Dead in der letzten Folge (irrtümlicher Weise) Pete den Untoten überließ, muss Clementine nun mit dem eher labilen Nick gegen die böse Brut kämpfen. Mit einem Click hier und da ist das locker zu lösen. Die Konfrontationen mit den Zombies sind nicht kompliziert oder übermäßig spannend. Anders als die Dialoge. Clementine´s erste Begegnung mit William Carver, dem Besucher, ist für mich die stärkste Szene in dieser Walking Dead-Episode. Es knistert zwischen den Zeilen, trotz freundlicher Worte vibriert der Raum zwischen den Zeilen aufgrund der latent ausgestrahlten Gefahr und allergrößter Spannung.

The Walking Dead: Wieder mehr Road Movie

William Carver´s Besuch bleibt nicht ohne Konsequenzen. Die neue Gruppe – neben Clementine gehören dazu noch Alvin, die schwangere Rebecca, der freundliche Held Luke, die verkörperte Depression Nick, Doc Carlos und seine herzallerliebste Tochter Sarah – muss sich in Bewegung setzen. Es geht durch die Wälder in Richtung Norden, in der Clementine auch ihre alte Begleiterin Christa vermutet, die wir aber nicht zu Gesicht bekommen. Dafür fährt The Walking Dead später in dieser Episode noch eine andere große und eine kleinere Überraschung auf. Diese Phase ist den Entwicklern gut gelungen, es gibt ein interessante Balance aus Story, Dialogen und ein wenig, zugegebener Maßen sehr wenig, klassischem Gameplay. Das fiel mir schon in der ersten The Walking Dead-Staffel auf: Umso länger sich die Gruppe an einem Ort auffiel, desto zäher wurde die Geschichte.



Eine schicksalshafte Begegnung. Großartig inszeniert und wichtig für die moralische Erdung in The Walking Dead.

Und mit der Zeit fällt auf, wie elegant und subtil Telltale Games das gute, alte The Walking Dead-Thema namens Vertrauen in den Vordergrund rückte. Nicht auf neue Art und Weise, sondern auf ganz verschiedenen Ebenen. Zuerst einmal strömt Clementine mittlerweile ein recht offensives Selbstvertrauen aus. Vielleicht gab es ihr ja nachhaltig was, dass es in der Prolog-Szene von A House Divided rund zehn anstürmende Zombies nicht schafften eine Tür zu öffnen, die sie höchstpersönlich zuhielt (oje, Telltale, da habt ihr arg übertrieben). Auch die Gruppe vertraut ihr mittlerweile blind. Dafür traut niemand mehr Nick über den Weg. Und schon gar nicht William Carver, dem Quasi-Governor-in spe, zumindest wirkt er so. Aus seinem Camp floh die Gruppe, was Mr. Carver anscheinend nachhaltig verärgerte. Auch hier: Misstrauen pur, bis hin zum Vertrauensbruch.

Gute(s) in The Walking Dead

Inhaltlich gelungen sind die beiden Verweise auf die guten Zeiten vor der Katastrophe: Sarah, die überbeschützte und leicht überdrehte Tochter von Carlos, gibt A House Divided einen ebenso intensiven (amüsant-traurigen) Beigeschmack wie die (tragische, kurze) Geschichte von Matthew. Was früher mal gut, freundlich und lustig war, ist einer bleiernen Schwere gewichen, die das Gute aus den Menschen saugt. Ausnahmen bestätigen die Regel. Wie angedeutet, ist das Thema “Vertrauen gestern und heute” natürlich nicht neu, wurde aber sehr gelungen variiert. Nicht ganz sicher bin ich mir, wie gelungen variiert ich das große Wiedersehen und die (arg vordergründige) Persönlichkeitswandlung von SPOILER einschätzen kann. Bisher klaffen mir zwischen Schein und Sein noch zu große Löcher. Und auf den zweiten Blick erkannte ich erst Bonnie wieder, die ihre Premiere in The Walking Dead: 400 Days feierte und in A House Divided im Schlepptau von William Carver auftaucht, welcher übrigens hervorragend von Michael Madsen gesprochen wurde. Und schaut man dann am Ende der Folge, die annähernd ohne dramatischen Cliffhanger auskommt, noch einmal auf das vorhandene Personal und das zukünftige Potenzial der Geschichte, bin ich vorsichtig optimistisch, eine noch stärkere Graphic Novel spielen zu können, um es mal so zu formulieren. Allerdings befürchte ich auch eine unangenehme Nähe zum Governor-Thema aus den anderen The Walking Dead-Linien, aber da hoffe ich doch sehr stark auf eine positive Auflösung.

Hier geht es zur Kritik ersten Folge All that remains der zweiten Staffel von The Walking Dead!

!SPOILERGEFAHR! Und hier nun wieder – wenn auch eher aus Tradition denn aus Sinnhaftigkeit – ein Überblick über meine “Entscheidungen” aus dieser Episode von The Walking Dead.

Wahnsinn, die erste Entscheidung ist eigentlich zu banal um wahr zu sein. Naja. Ja, “meine” Clementine machte trotz schlechter Laune bei Sarah´s Teenie-Fotokameraspaß mit. Und nur weil Kenny auftaucht, vergisst sie nicht Luke, der sie so wunderbar in die Gruppe integrierte. Walter die Wahrheit über Matthew zu sagen, hätte sich meine Clementine trauen sollen. Hier würde ich mit mir hadern, wenn ich glauben würde, dass diese Entscheidung irgendwie relevant wäre. Das zu glauben, ist aber sowas von Erste Staffel. Da sind wir heute klüger, nicht wahr? Spannende Frage: Hätte Walter ausrasten können? Und würde das Nick überleben? Bei mir siegte jedenfalls die Vernunft. Und ja, natürlich blieb Clementine bei Carlos, das ist keine Frage…

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