April 29, 2013 - Dolores Hidalgo, Mexico
Hola,
ich hoffe, es geht euch allen prächtig!
Wie angekündigt bin ich in den Ferien wieder unterwegs gewesen.
Zuerst war ich in Cuba. Dort habe ich Unmengen von Eindrücken eingefangen und eine Menge neuer Gedanken, die ich hier garnicht alle nennen kann.
Der erste Eindruck von Kuba nach der Ankunft am Flughafen in Habanna war erstmal ein bisschen wie die Ankunft in einer anderen Zeit. Das erste, das mir positiv aufgefallen ist, war, dass es keine Werbeplakate gab. Die ganze Welt ist voller Werbeplakate, an jeder Ecke findet man sie. In Kuba nicht. Hier gibt es Parteipropaganda an vielen Stellen, aber es ist nicht so aufdringlich wie die Werbeplakatverteilung im Rest der Welt.
Im Flufzeug schon machten wir (meine Freundin und ich) Bekanntschaft mit 6 Indern, die ebenfalls eine Woche in Kuba sein sollten. Mit ihnen teilten wir uns ein (Großraum-) Taxi aus amerikanischer Produktion in den 50gern und fuhren so ins Zentrum. Diese 6 Gesellen sollten uns auf dieser Reise weiter begleiten...
Wir haben in der ganzen Zeit immer in verschiedenen Casas Particulares gewohnt, dass sind Zimmer in Privathäusern der Leute. Kostenpunkt: 15-25 Cuc (Kubanische Pesos Convertibles, Wert 1 US-Dollar) pro Nacht pro Zimmer. Davon gehen 90% an den Staat, wie uns die Vermieter jedesmal erklärt haben. Aber das ist normal in Cuba, in jeder Art von Geschäft ist das so.
Unser Zimmer hatte Blick auf das karibische Meer. Es war zwar kein Strand, aber eine schöne Promenade dort.
Am ersten Abend drehten wir eine Runde durch die Innenstadt und suchten die Altstadt. Hier genossen wir ein kubanisches Bier und freuten uns, in diesem tollen Land angekommen zu sein.
Am nächsten Tag erkundigten wir weiterhin die Stadt und gingen in´s Revolutionsmuseum. Es war sehr auf die Person von Fidel Castro ausgerichtet, Fidel, der die Revolution erfolgreich durchgeführt und danach ein neues Staatssystem eingeführt hat.
Nach dieser Bildungseinheit wollten wir mehr über die Kultur erfahren und gingen, wie es sich gehört, in´s Rum-Museum von Habanna-Club. Ne kleine Führung und ein kleines Schlückchen 7-Jähriger: 8 CUC... aber naja, man ist ja nur einmal in Habanna (hoffentlich nicht )
Am Abend trafen wir per Zufall die Inder wieder. Man hat in Kuba nicht, wie in den Länder, wo ich bisher war, eine automatischen Wechsel des Handyanbieters. Das heißt, wir hatten gar kein Netz. Einer der Inder hatte sich einen kubanischen Handyzugang gekauft, aber da wir kein Netz hatten, konnten wir nicht kommunizieren. Internet gibt es übrigens auch nicht frei zugänglich in Kuba. Es gibt einige wichtige Büros, die einen Zugang haben und Mitarbeiter, die das Internet dann (illegal) stundenweise vermieten (für 10 CUC). aber das war nicht nötig, wir genossen einfach mal die internetfreie Zeit. Ganz ohne Entzugserscheinungen.
Mit den Indern haben wir dann die Idee entwickelt am Fuße des Leuchtturms in Habanna mit einem Kuba Libre den Sonnenuntergang zu genießen. Gesagt getan. Es war herrlich, dort an der Kaimauer zu sitzen, Rum zu schlürfen und die Revolution zu planen
Später am Abend gingen wir in Chinatown essen und danach in eine kubanische Salsa-Bar. Dort konnte man auf der Tanzfläche leicht erkennen, wer Kubaner und wer Tourist war. Die Touristen standen eher in der Mitte und bewegten sich fast mechanisch zur Musik, während um sie herum kubanische Pärchen im Salsaschritt die Runden drehten.
Am nächsten Tag brachen wir nach Viñales auf, das ist ein kleinerer Ort im Westen von Kuba. Auch hier wohnten wir in einem casa particular, diesmal bei Teresa, einer sehr netten Frau und ihrer Familie. Wir wollten an diesem Tag noch eine Fahrradtour machen, um die Gegend zu erkunden, wurden aber von einem heftigen Regen abgehalten. Es war ein wirklich starker Regen, der von einer Kaltfront aus Mexico verursacht wurde. So saßen wir auf Teresas Terasse unter dem Dach im Schaukelstuhl und sahen zu. In SanLuis Potosí regnet es ja kaum, deshalb war das mal was anderes.
Am nächsten Tag besuchten wir die Tabakplantagen. Wir machten eine Wanderung durch die Felder mit einem Tabakbauern. Es war sehr interessant, was dieser erzählte.
Auch die Bauern müssen 90% der Ernte abgeben, an die großen Tabakfabriken. 10% dürfen sie selber behalten und aus denen machen sie ihre eigenen Zigarren. Die enthalten keine Zusatzstoffe und weniger Nikotin, also besteht weniger Suchtgefahr. Aller Tabak wird biologisch angebaut, also ohne Pestizide, Fungizide oder sonstige Helferlein der Agrarindustrie. Auch werden weniger Traktoren oder andere Technologie verwendet, das meiste ist Handarbeit. Das liegt aber auch daran, dass das um Viñales herum ein Naturschutzgebiet ist.
Nach der Wanderung fiel ich dann erstmal ins Bett und blieb auch den ganzen nächsten Tag liegen. Ich war erkrankt, die Klimaanlagen in den Zimmern und im Touristenbus, mit dem wir nach Viñales gefahren sind, hatten mir stark zugesetzt. Es war auch generell kälter, als wir es von einem karibischen Land erwartet hatten, und so hütete ich dann mit Fieber das Bett. Teresa machte mir Suppe und brachte mir Tee, später rief sie eine befreundete Ärztin, die mir Antibiotika verschrieb.
Nach den zwei Tagen war ich wieder soweit fit, dass ich meine Freundin zum Klettern begleiten konnte. Wir gingen mit einem lokalen Kletterführer, der die Routen selber erstellt hatte. Klettern ist in Kuba illegal, deswegen muss er nicht 90% von dem, was er verdient, an den Staat abegeben.
Zunächst dachten wir, er wäre ein anderer Typ von Mann, nicht wie die anderen, die uns immer hinterherpfiffen. Wirklich, fast jeder Mann, an dem wir vorbeigingen, pfiff und hinterher oder wollte uns in ein Gespräch verwickeln. Es war sogar so, dass Männer, die eigentlich ein Gespräch mit einer anderen Frau auf dem Bürgersteig führten, es unterbrachen, nur, um uns hinterherzupfeifen...
Die meisten wollen einfach eine ausländische Frau heiraten, um dann aus dem Land rauszukommen. Es gehört aber auch zu der Kultur dazu, dass man das so macht (also das Pfeifen). Wenn wie manchmal nachfragten, warum sie so aufdringlich pfiffen, bekamen wir zur Antwort, dass es ja wohl besser sei, als wenn sie uns als hässlich bezeichnen würden....
Dieser Kletterführer erklärte uns dann, dass er nichts davon hält, dass man einfach irgendeine Ausländerin heiratet, nur um rauszukommen. Dass man dadurch nicht glücklich wird. Dann erzählte er mir, als meine Freundin außer Hörweite war, dass er Deutsche mag, mich attraktiv findet und gerne in Deutschland leben würde. Als ich außer Hörweite war, erzählte er meiner Freundin, die Brasilianerin ist, dass er Brasilianerinnen mag, sie attraktiv findet und gerne mit ihr nach Brasilien möchte...
Aber er erzählte uns auch, was er über Kuba denkt.
Die Menschen in Kuba sind generell finanziell ärmer als der Durchschnitt in der restlichen Welt, aber nicht so arm wie die Armen zum Beispiel in Mexiko, wo die Hälfte der Bevölkerung in Armut lebt.
Das Einkommen eines Arztes ist 35 CUC und das eines Bauern 20 CUC. Es gibt also soweit keine großartigen Unterschiede im materiellen Besitz. Für die Hauptlebensmittel gibt es Lebensmittelkarten.
Zum Vergleich: in einem Restaurant kostet ein Essen zwischen 3 und sagen wir mal 10 CUC. Das heißt, ein durchschnittlicher Kubaner kann nicht wirklich oft ins Restaurant gehen.
Aber es gibt eine zweite offizielle Währung, den Kubanischen Peso. Ein CUC (=1 Dollar) sind 20 Pesos. und für 10-15 Pesos bekommt man eine Pizza an einem Straßenstand, für 30-50 Pesos ein ganzes Essen, mit Reis, Bohnen, Salat, Fisch...
Die Miete ist auch sehr günstig, sodass keiner auf der Strasse leben muss. Auch für die, die nicht arbeiten, wird vom Staat gesorgt. Jeder Kubaner bekommt nach seiner Ausbildung eine Arbeitsstelle zugewiesen. Früher gab es Vollbeschäftigung, heute kann es vorkommen, dass man nur für ein paar Monate Arbeit hat und dann wieder arbeitslos ist.
So kommt es, dass die Kubaner was erfinden, womit sie durchkommen. Einer zum Beispiel hat Kulturwissenschaften und Soziologie studiert und würde eigentlich in einem Museum arbeiten. Aber in der Uni hat er auch einen Computerkurs gemacht und designt jetzt für andere Leute mit Photoshop.
Teresa repariert Kleidung und Schuhe und bekommt im Gegenzug Geld oder Essen, zum Beispiel Reis von den Bauern.
Es gibt aber auch Sachen, die es einfach nicht gibt: es ist zum Beispiel schwierig, einen Schlüssel nachmachen zu lassen, weil es kein Metall dafür gibt. Es gibt nicht so viele Kleidungsläden wie in anderen Ländern. Es gibt nur selten Antennenfernsehen, das mehr als 5 Programme hatn(das ist dann eine Ausnahme und wird unter den Nachbarn dann gemeinsam genutzt, auch gehandelt).
Der große Bonus ist aber das Bildungs- und das Gesundheitssystem. Jeder Kubaner kann sich kostenlos in einem Krankenhaus behandeln lassen. Die Mehrzahl der Kubaner hat einen Universitätsabschluss, auch Bauern haben 6 Jahre Schulbildung. Das ist nicht selbstverständlich in andern Ländern. Zum Beispiel in Mexico oder Brasilien sterben Leute an in Deutschland nicht-tötlichen Krankheiten, einfach, weil sie nicht zum Arzt gehen können. Und der Wert von Bildung ist unermesslich.
Man kann also sagen, dass die Menschen viel weniger Dinge besitzen, als zum Beispiel in Deutschland. Dass sie weniger verdienen, aber die Grundbedürfnisse soweit befriedigt sind. Dass es allen Menschen gleich ergeht in Kuba sorgt für eine gewisse Solidarität unter den Menschen. Sie unterstützen sich gegenseitig und es gibt weniger Besitzneid. Das ist zumindest mein Eindruck.
Täglich diskutierten meine Freundin und ich die Gegebenheiten in Kuba, analysierten das Ideal mit den Tatsachen dort und bewerteten das sozialistische System anhand unserer Vorstellungen von einem guten Leben.
Generell kamen wir zu einem positiven Fazit. Die Menschen, mit denen wir sprachen, beschwerten sich viel. Aber das machen auch Deutsche und Mexikaner, wenn man sie nach ihrer Situation fragt. Wenn man das Leben dort aber mit den Zuständen in Mexiko vergleicht, wo Menschen wirklich arm sind, dann kommt man schnell zu dem Schluss, dass es besser ist, wenn es allen ein bisschen gut geht, als wenn es wenigen sehr gut und vielen anderen sehr schlecht geht.
Was ein negativer Aspekt dieses Systems ist die Überwachung der Leute. Es gibt eine Institution, die sich Comite gegen die Kontrarevolution nennt, dass die Leute auf ihre Einstellung hin überprüft. Durch Nachfragen wurden wir nicht wirklich darüber aufgeklärt, was mit Leuten passiert, die andere Ansichten als die offiziellen über das System haben. Aber die Hausfrau unserer Unterkunft in Habanna erzählte uns, dass sie wohl auch Leute auf der Straße in eine politische Diskussion verwickeln, um zu sehen, wie treu sie den Idealen sind.
Auch andere Aspekte, so wie die Einkünfte, dass Fernsehprogramm und die Straßenmusikanten und -verkäufer werden staatlich kontrolliert.
Am letzten Abend, wieder in Habanna, trafen wir wieder zufällig die Inder in einer Bar wieder. Wir tranken einen Drink und gingen dann nach Hause, weil wir alle ein wenig müde waren.
Ich möchte unbedingt nochmal in dieses Land fahren, diesmal mit einem gemieteten Ami-Oldtimer durch den Rest der Landes, der uns wegen der Kürze der Zeit unerschlossen blieb.
So, das war erstmal ein kurzer Einblick in das Wichtigste aus Kuba.
Saludos