Landtagswahl Hessen: SPD und CDU enttäuschen, Grüne und Piraten punkten
Die Free Software Foundation Europe veröffentlicht heute ihre
Freie-Software-Wahlprüfsteine
zur Landtagswahl in Hessen am 22. September 2013. Mit den
Fragen will die FSFE sehen, inwieweit sich die Landesverbände mit den
Themen auseinandergesetzt haben. Trotz wiederholter Nachfrage und
Bestätigung über den Eingang unserer Fragen hat die SPD nicht auf die
Fragen geantwortet. Bei FDP und Die Linke fällt eine Bewertung schwer: Sie
haben die Antworten ihrer
Bundesverbände 1:1 übernommen, was zwar eine generelle Zustimmung zur
Bundesebene zulässt, allerdings eine Bewertung über den Kenntnisstand im
Landesverband erschwert. Enttäuschend ist die Antwort der CDU:
"Die Hessen CDU relativiert schon vor der Wahl alle ihrer
Aussagen. Nach unseren
bisherigen Erfahrungen erhoffen wir uns nach diesen Antworten keine
Unterstützung der Landespartei für Freie Software. Neben der Enttäuschung
bei den Volksparteien äußern Grüne und Piraten dagegen klare und
positive Positionen für die Verbreitung Freier Software, die Förderung
von Freien-Software-Unternehmen in Deutschland und die Kontrolle über die
eigene IT.", so Matthias Kirschner, Deutschlandkoordinator der
FSFE.
Zunächst klare Aussagen der hessischen Grünen, die
Freie Software als Möglichkeit zur Vermeidung der digitalen Spaltung sehen.
Sie wollen Freie Software und Offene Standards vorantreiben, da diese in
vielen Bereichen des landespolitischen Handeln fördern. Von öffentlichen
Geldern finanzierte Software soll als Freie Software veröffentlicht werden.
Werbung für unfreie Software halten sie für unangebracht und technisch
unnötig und wollen die öffentliche Verwaltung dazu aufklären. Festlegung
auf einen Software-Hersteller soll in der Bildung vermieden werden.
Weiterhin regen sie ein Gütesiegel für Freie Software an, um die
irreführende Vermarktung mit dem Begriff zu unterbinden.
Dagegen relativiert die hessische CDU viele ihrer
Antworten. Öffentlich finanzierte Software soll grundsätzlich der
Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden, außer wenn sie aus
"lizenzrechtlichen oder hoheitlichen Gründen" entwickelt wurde. Sie ist für
die Veröffentlichung von Elster-Formular als Freie Software, allerdings nur,
wenn "keine sicherheitspolitischen oder wirtschaftlichen Gründe dagegen
sprechen". Sie trifft keine Aussage darüber ob öffentliche Einrichtungen
bei beauftragter Softwareentwicklung die sämtliche Nutzungsrechte bekommen
sollen. Betont aber, dass Software, die von der öffentlichen Verwaltung
beauftragt wird, Gegenstand individueller Vereinbarungen ist.
Weiterhin will die CDU Werbung für "lizenzpflichtige Software"
ausschließen. Daraufhin bezeichnet sie den Adobe Reader fälschlicherweise
als "lizenzfrei" und vertritt die Position, dass es der Behörde obliegt,
welches der "lizenzfreien Produkte als Service für das Lesen bereitgestellt
wird". Allerdings soll der Hinweis im Migrationsleitfaden
umgesetzt werden. Dort steht auf Seite 172:
Werden PDF-Dokumente öffentlich bereitgestellt, sollten
Behörden fairerweise zu deren Betrachtung nicht mehr ausschließlich den
Adobe Acrobat Reader empfehlen, sondern beispielsweise die von der FSFE
bereitgestellten HTML-Bausteine zum Download alternativer
PDF-Betrachter in ihre Seiten aufnehmen.
Als bisheriger Koalitionspartner fordert die FDP die
gebührenfreie Lizenzierung von Standards und will für plattformunabhängige
Lehrmittel eintreten. Die CDU wiederum umgeht die Frage nach der
Lizenzierung von Standards. Offene Standards sollen nach Ansicht der CDU
Hessen in der Bildung nur dort verwendet "wo es sinnvoll" ist. Weiterhin
unterstützt die CDU den Einsatz von unfreier Software in der Bildung, wenn
die Privatwirtschaft dies benötigt.
Bei Softwarepatenten sieht die CDU Hessen nur in Einzelfällen Probleme
und diese primär rechtlich und nicht politisch. Nur zur Verhinderung von
Trivialpatenten kann sie sich durchsetzen. Im Gegensatz dazu hat die Bundes-CDU,
sowie alle anderen im Bundestag bisher vertretenen Parteien, den
interfraktionellen Antrag gegen Softwarepatente unterstützt und
begründet.
Klare Aussagen wieder von den hessischen Piraten. Sie
wollen öffentlich finanzierte Software dem Steuerzahler wieder zur
Verfügung stellen. Grundbedingung dafür ist, dass die Verwaltung stets
selbst den Quellcode bekommt. Die Öffentliche Verwaltung soll keine Werbung
für unfreie Software machen, keine Nutzung von unfreier Software verlangen.
Die Verwaltung und insbesondere Bildungseinrichtungen sollen schrittweise
ihre gesamte technische Infrastruktur auf Freie Software umzustellen.
Während alle Parteien bis auf die CDU klar fordern, dass Nutzerinnen
freier Betriebssysteme ihre Steuerdaten online übermitteln können sollen,
gehen die Piraten weiter: Die Schnittstellen des Elster-Servers soll
offen gelegt werden, damit alle Anbieter eigene Lösungen entwickeln können.
Dann soll die Weiterentwicklung der bestehenden Software eingestellt werden
und stattdessen als Freie Software veröffentlicht werden. Generell wollen
sie sich für eine Bevorzugung von Freier Software in der Verwaltung
einsetzen. Weiterhin wollen sie sich für die vollständige Kontrolle der
Computer-Eigentümer sowohl im Bundestag als auch in gemeinschaftlichen
Arbeitsgruppen von Bund und Ländern stark machen.
Bundestagswahl: Positionen
der Parteien zu Freier Software.
Landtagswahl:
Antworten der Parteien in Bayern.
Andere
Wahlbefragungen der Free Software Foundation Europe.
Erwähnung von Freier Software in Wahl-
und Parteiprogrammen in Deutschland.
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