2015-02-11

Die Zukunft der Energie braucht intelligente Lösungen. Das wurde am zweiten Tag der E-world deutlich, wo sich viele Diskussionen um Intelligente Lösungen und Energieeffizienz drehten. Ein Impuls dazu kam sicherlich aus Berlin, wo die Bundesregierung die Eckpunkte für das Verordnungspaket "Intelligente Netze“ veröffentlichte. Die Veröffentlichung passte zeitlich genau zum Top-Branchentreffen der Energiewirtschaft. Die Anwesenden ließen sich die Chance nicht entgehen, die Eckpunkte direkt und ausführlich auf der E-world zu diskutieren.
Nachholbedarf bei der Anwendung
Thomas Smolka vom Komponentenhersteller Maschinenfabrik Reinhausen machte deutlich: "Technologisch sind wir Spitze". Er räumte aber ein, dass bei der Anwendung aus dem "Leitmarkt Deutschland" schnell ein "Leidmarkt" werde. Er forderte dass die neue Anreizregulierung müsse, dass in Smart Grids investiert wird. Wenn nicht bald wieder investiert werde, drohten im Verteilnetz ähnliche Engpässe, wie sie sich im Übertragungsnetz bereits deutlich zeigten.
Nicht viel besser sehe es in Deutschland beim Smart Metering aus. Rolf Apel von der Siemens AG sieht hier noch viel Nachholbedarf. „Daten sind die Grundlage für alle neuen Geschäftsmodelle", stellte er fest. Doch der Fahrplan des Bundes bremse den Rollout von Smart-Meter-Systemen eher, als dass er ihn beschleunige. "Die Eckpunkte werden dem Anspruch eines Leitmarkts nicht gerecht", so Apel.
Sebastian Schnurre vom Bundesverband Neue Energiewirtschaft (BNE) begrüßte, dass es nun überhaupt einen politischen Zeitplan zur Smart-Meter-Einführung gibt. Den Zeithorizont, Smart Meter stufenweise bis 2021 bei Großverbrauchern auszurollen, bezeichnete er als nachvollziehbar. Denn bei der Bilanzierung, der Netzentgeltstruktur oder Gateway-Administration seien ohnehin noch viele Fragen offen, die nicht vor 2020 gelöst würden.
Tim Karnhof, Leiter Smart Metering bei der Stadtwerkekooperation Trianel machte deutlich, dass der Rollout von intelligenten Zählern schneller vorankommen dürfte, als es die Eckpunkte vorsähen. Er plädierte dafür, dass die Stadtwerke sich zügig vorbereiten, bis 2017 bleibe nicht viel Zeit. Ab dem ersten Gerät müssten sie sich mit dem Smart Metering auseinandersetzen. Zwar würden durch die Einbaupflicht bei größeren Verbrauchern anfangs nur kleine Stückzahlen von Smart Metern eingesetzt, damit aber direkt große Energiemengen erfasst.
Intelligente Kundenkommunikation
In der Kundenkommunikation haben die Offline-Kanäle deutlich an Bedeutung verloren. "Kundengewinne erreicht man nur noch online, offline läuft da nix mehr", sagte Johannes Haas Geschäftsführer der Agentur Digitale Werbung und zuvor Leiter Internet & Online-Marketing der Stadtwerke München. Mit Blick auf die Online-Kanäle gelte zudem verstärkt das Prinzip "mobile first". Ohne dieses sei eine umfassende Strategie nicht mehr möglich. Doch von den neuen Medien scheinen auch in der Energiewirtschaft noch nicht alle überzeugt zu sein. "Es gibt noch immer Mitarbeiter, die die Hauspost der E-Mail vorziehen", berichtete Haas aus der Praxis.
Zu einem Corporate Blog rät Jochen Mai, Geschäftsführer der Growww GmbH und populärer Blogger ("Die Karrierebibel"). Er war zuvor Social Media Manager bei Yello Strom. "Beim Blog sind Sie Eigentümer, bei Facebook nur Mieter. Denken Sie an Eigentum", sagte er in Essen. Bei sozialen Netzwerken wie Facebook bestehe immer die Gefahr, dass sich beispielsweise die Regeln ändern oder "die Netzwerke mehr Geld mit Ihnen verdienen wollen", sagte er in Richtung Auditorium.
Wettbewerb: EnergyApp of the year
Damit intelligente Lösungen auch bei den Kunden ankommen, müssen Wege gefunden werden. Einen Beitrag dazu leistet der Wettbewerb "EnergyApp of the year", für den gestern der Startschuss fiel. Der Wettbewerb greift zwei wesentlich Zukunftstrends auf: den Megatrend zur Digitalisierung und die Verbesserung der Qualität der Angebote für die Energiekunden. Der Wettbewerb prämiert Apps in drei Kategorien. In der Kategorie "Customer Benefit" werden Apps honoriert, die den Umgang mit Energie für den Kunden einfach und verständlich machen. Die Kategorie "Innovation" bewertet wegweisende neue Möglichkeiten und die Kategorie "Concept of the Future" zeichnet Konzepte aus, die zukunftsweisende Funktionen und Design bieten. "80 Prozent der Menschen bevorzugen bereits Apps gegenüber Internetlösungen. Den Trend nutzen wir bereits unternehmerisch und wollen mit dem Wettbewerb diese Entwicklung für die Energiewirtschaft weiter fördern", erklärte Conenergy-Vorstand Roman Dudenhausen. Conenergy lobt gemeinsam mit RWE, Google, und dem Magazin "Wirtschaftswoche" den Wettbewerb aus. "Digital vorweggehen und den Kunden im Fokus, das ist unser Motto und deshalb sind wir gespannt auf die Ergebnisse dieses Wettbewerbs", so Carl-Ernst Giesting, Vorstandsvorsitzender der RWE Vertrieb AG. Google-Director Markus Hinz unterstrich die Rolle der digitalen Kommunikation bei der Neukunden-Akquisition und der langfristigen Kundenbindung. "Smartphone-Apps bieten hier enorme Möglichkeiten für Energieunternehmen - deshalb freuen wir uns sehr, zum Wettbewerb beizutragen", erklärte er. Auf der kommenden E-world 2016 werden erstmalig die Preise vergeben.
Effizienz mit Erdgas
Im Bereich der Energieeffizienz- besonders bei der energetischen Gebäudesanierung von Mehrfamilienhäusern kann laut dem Verband „Zukunft Erdgas“ der Energieträger Erdgas eine herausragende Rolle spielen. Der Verband stellte im Rahmen der E-World der versammelten Branche und Öffentlichkeit ihr Konzept für die Modernisierung von Mehrfamilienhäusern. "Wir haben den Fokus darauf gelegt, bis 2050 möglichst viel CO2 einzusparen, bei möglichst geringem Finanzaufwand", sagte Ludwig Möhring, Geschäftsführer von Wingas und Mitglied des Aufsichtsrates von Zukunft Erdgas. Im Auftrag der Interessengruppe fertigte die Nymoen Strategieberatung aus Berlin ein Gutachten zu der Frage an. "Zentral war die Auflösung des Investitionsdilemmas", betonte Timm Kehler, Vorstand von Zukunft Erdgas. So müssten Mieter wie Vermieter von Mehrfamilienhäusern von Investitionen profitieren. Die Untersuchung sei technologieoffen gemacht worden. "Nur die Rolle von Erdgas zu betonen, ist zu einfacher Lobbyismus", so Möhring. Aber Erdgasheizungen mit flankierenden Effizienzmaßnahmen böten unter den derzeitigen Umständen die kostengünstigste Lösung für CO2-Minderungen im Gebäudesektor.
Erdgas interessant für Strom
Für sein Unternehmen präsentierte Möhring eine Studie des Instituts für Energie- und Umweltforschung (Ifeu) zu den Klimaaspekten der Erdgasverstromung. Derzeit sei mit dem Energieträger aufgrund der derzeitigen Marktgegebenheiten und der Preisentwicklung kaum etwas zu holen, so Möhring. Aber die Branche sei von den mittel- und langfristigen Vorteilen von Erdgas in der Verstromung überzeugt. Laut Studie kommt Erdgas auf einen Wert von 0,572 Kilogramm CO2 je kWh, Steinkohle liegt bei 1,142 Kilogramm, Braunkohle bei 1,183 Kilogramm. Auch wenn die Braunkohle als heimischer Energieträger bei Gewinnung und Transport am besten abschneidet, ist für das Gesamtergebnis die Verbrennung maßgeblich. "Die nun erforderliche Diskussion, wie die notwendigen CO2-Einsparungen wirtschaftlich sinnvoll erreicht werden sollen, kann von den in der Studie ermittelten Fakten nicht unberührt bleiben", forderte Möhring. Vor allem mit Blick auf das "Aktionsprogramm Klimaschutz" der Bundesregierung dürfe der Energieträger Erdgas daher nicht vergessen werden.

KWK nur mit Speicher
Auch die Kraft-Wärme-Kopplung kam am zweiten Messe- und Kongresstag nicht zu kurz. Sie anstehende Novelle des KWK-Gesetzes war bereits in der Eröffnungsveranstaltung angesprochen worden und sorgte weiter für Gesprächsbedarf. Patrick Graichen, Direktor von der Politikberatung Agora Energiewende forderte, dass Wärmespeicher bei KWK-Anlagen zur Pflicht werden sollten. Eine Förderung von Bestandsanlagen sollte das neue Gesetz nur gewähren, wenn die Unternehmen einen Wärmespeicher und einen Elektrodenheizkessel (Power-to-Heat) am Kraftwerksstandort bauen. Dann könnten die Anlagen ausreichend auf schwankende Erneuerbaren-Einspeisung reagieren. "Eine unflexible KWK-Anlage ist ein Klotz am Bein", stellte Graichen fest.
Minutenreserve aus Windkraft
Eine besondere Innovation präsentierte Statkraft. Das Unternehmen hat erstmals im Januar negative Minutenreserve aus dem direkt vermarkteten Onshore-Windpark Dornum geliefert. Stefan-Jörg Göbel, Geschäftsführer der Statkraft Markets GmbH, gestand allerdings ein, dass die Lieferung der Minutenreserve nicht wirtschaftlich war. Zunächst seien die Anlagen auf einen Leistungswert von 25 MW gedrosselt worden und im Moment der Bereitstellung der Reserve weiter auf 20 MW gingen. "Es ergibt ökonomisch keinen Sinn, dass wir die Windkraftanlage zunächst künstlich auf einen festen Leistungswert abregeln und von da aus die Regelmengen liefern - das ist schlicht zu teuer." Trotzdem widerlege das Unternehmen den Hauptkritikpunkt an der Erneuerbaren-Energieerzeugung, ihre fehlende Systemintegration.
Endspurt für die E-world 2015
Am heutigen dritten Tag geht die E-world in ihren Endspurt. Wir sind uns sicher, dass die Besucher, Kongressteilnehmer und Aussteller eine große Zahl frischer Ideen und Impulse sowie neuer Kontakten mitnehmen. Wir freuen uns schon auf die nächste E-World und hoffen Sie dann im Jahr 2016 wieder in Essen begrüßen zu können.
(energate; o.r.)

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