2014-04-24

Die Lage


Roth

24. April 2014. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Solange die Krise in der Ukraine nicht eskaliert, wird Dienst nach Vorschrift an den Finanzmärkten geschoben. Die Berichtssaison in den USA hat ihren Höhepunkt bereits hinter sich und die europäischen Unternehmen beginnen nun ihrerseits mit der Veröffentlichung des Zahlenwerks auf dem ersten Quartal. Dabei fällt wieder einmal auf, dass die Erwartungen rechtzeitig gedämpft wurden und nun die positiven Effekte in den Vordergrund treten können. Das stützt die Kurse.

Es stehen aktuell viele Stimmungsindikatoren aus der Eurozone und den USA im Zentrum des Interesses, aber auch weiterhin die Situation im Osten. Die Krise in der Ukraine spitzt sich weiter zu, aber noch ist die Lage nicht außer Kontrolle. Die Lage im Osten des Landes ist zwar unübersichtlich, doch die Hoffnungen ruhen auf den anstehenden Gesprächen zwischen Russland, der Ukraine, der EU und den USA.

An den Börsen treten aber schon die ersten Gewöhnungseffekte ein. Staatsanleihen konnten nur leicht profitieren, an den Aktienmärkten jedoch verlief die Entwicklung stark positiv. Dass der Euro gegenüber dem US-Dollar etwas nachgegeben hat, ist mit der erneuten verbalen Intervention von EZB-Präsident zu erklären. Denkbare Kaufprogramme der EZB beflügeln europäische Staatsanleihen. In den USA wurden Frühindikatoren deutlich über Erwartung veröffentlicht nach der wetterbedingten Schwächephase zu Beginn des Jahres, als Schneestürme die Wirtschaft fast völlig lahmlegten. Auch in China überraschte das Wirtschaftswachstum positiv, wenngleich auch hier die Erwartungen umfassend im Vorfeld gesenkt wurden und sich so nun positive Effekte aus einem geringeren Wachstum ergeben können. Die Aussichten bleiben aber eher trübe. Denn die konjunkturelle Schwäche in China ist recht deutlich ausgefallen. Die Wachstumsprognose für 2014 wird von vielen mittlerweile deutlich unter 7,5 Prozent gesehen. Das zeigt wieder deutlich, dass aktuell die Weltökonomie von den Industriestaaten getragen werden muss. Die Dynamik der Schwellenländer schwächeln weltweit. In der Binnenwirtschaft zeichnet sich in China noch keine spürbare Belebung ab. Die chinesische Regierung wird ihr Wachstumsziel von 7,5 Prozent für das Gesamtjahr diesmal wohl knapp verfehlen. Aber zunehmenden Abwärtsrisiken werden durch die  Regierung sicherlich mit zusätzlichen Stimulierungsmaßnahmen beantwortet und somit schlimmeres verhindert.

Ausblick

Das Geschäftsklima stößt allmählich an Grenzen. Hier ist weiter mit einem leichten Rückgang zu rechnen, ohne aber grundlegende Erwartungen zu kappen. Die US-Zahlen werden vermutlich auf ein wieder kräftigeres Wachstum hindeuten. Für die Rentenmärkte fehlen damit die klaren Impulse.

Neben der Berichtssaison der Unternehmen könnte die Krise in der Ukraine richtungsgebend sein. Solange dort keine weitere Zuspitzung der Lage festzustellen ist, können die Börsen weitere Kursgewinne erzielen. Aber nicht in dem Tempo wie zuletzt und in engen Bahnen.

Der Trend

Der Gewöhnungseffekt der Märkte an die politische Krise hatte zur Folge, dass das Aufwärtspotential im DAX voll ausgenutzt werden konnte. Bei 9.650 Punkten ist aber zunächst Schluss mit lustig. Das politische Umfeld bleibt nämlich instabil und es kann jederzeit in der Ost-Ukraine eskalieren, was einen Kursabsturz nach sich ziehen würde. Beruhigend ist die Tatsache, dass die Kontrahenten noch miteinander reden. Doch ein positiver Ausgang der Krisengespräche ist sicher nicht gewiss. Die anstehenden Unternehmenszahlen aus Euroland müssen auch erst beweisen, ob sie als positive Impulse taugen. Die Erwartungen wurden hier nicht so stark im Vorfeld gekappt wie in den USA. Damit liegt die Latte höher und macht Enttäuschungen wahrscheinlicher. Die Rekordmarken der Börsen sind in den nächsten Wochen zu knacken, sofern Russland und die Ukraine die Lage nicht weiter eskaliert. Neues Futter für die Bullen wird aber weiterhin gesucht. Es bleibt volatil in engen Grenzen.

Den deutschen Standardwerten gelang ein fulminanter Back Draft. Dabei weckt vor allem die Rückeroberung der Verbindung aus der 38- und der 90-Tages-Linie (aktuell bei 9.414 bzw. 9.428 Punkten) sowie der Abwärtskurslücke vom 11.April bei 9.390/9.441 Punkten die Hoffnung auf einen erneuten Anlauf auf die letzten Verlaufshochs bei 9.721/9.722 Punkten. Bemerkenswert ist dabei, dass dieser Befreiungsschlag ebenfalls mit einem Gap (9.418 zu 9.440 Punkten) vollzogen wurde. Das lässt kurzfristig auf eine stabilen Handel hoffen.  

Der DAX wird sich zwischen 9414 und 9650 Punkten bewegen.
Unterstützung: 9414 + 9325 + 9170 + 8940 + 8490
Widerstand: 9650 + 9790

von Oliver Roth, Close Brothers Seydler Bank AG.

© 24. April 2014

* Oliver Roth ist der Kapitalmarktstratege der Close Brothers Seydler Bank AG, ein eigenständiges Tochterunternehmen der an der London Stock Exchange gelisteten Close Brothers Group plc, London. Mehr über Oliver Roth auf www.oliver-roth.de

Dieser Artikel gibt die Meinung des Autors wieder, nicht die der Redaktion von boerse-frankfurt.de. Sein Inhalt ist die alleinige Verantwortung des Autors.

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