2016-11-08

Neues chinesisches Wunderkind Niu Guankai?

In der kürzlich veröffentlichten Weltrangliste November 2016 ist Niu Guankai aus dem Nichts in die TOP100 gesprungen und steht auf Platz 97.

Höherer Weltranglisten-Einstieg als Fan Zhendong

Damit hat er das letzte chinesische Wunderkind Fan Zhendong übertroffen, der im August 2012 aus dem Nichts auf Platz 139 in die Weltrangliste einstieg.

Ein halbes Jahr später war Fan Zhendong auf Platz 44, knapp ein weiteres halbes Jahr später TOP10, nochmal knapp ein halbes Jahr später TOP5 (1 Jahr und 4 Monate nach seinem Einstieg in die WRL), die er nie mehr verlassen hat.

Niu Guankei ein Phantom

Niu Guankei ist ein Phantom! Es gibt über ihn bei der ITTF noch keinen Bericht und kein Foto, es gibt bei Youtube noch kein Video von ihm und auch Google gleicht einer Wüste.

Er betrat die internationale TT-Szene vor kurzem bei den Asiatischen Jugend-Meisterschaften.

Niu Guankei schlägt Tomokazu Harimoto und wird Asiatischer Meister

Dies war sein erster ITTF Wettkampf und er gewann auf Anhieb den Titel im Schüler Einzel und im Finale schlug er keinen Geringeren als das neue japanische Wunderkind Tomokazu Harimoto mit 4:1 (11:4, 13:15, 11:8, 11:2, 11:7), der wiederum bereits viele Bundesliga- und Nationalspieler auf seiner Abschussliste hat: Omar Assar (3:1), Jens Lundquist (3:1), Anton Källberg (3:1), Ovidiu Ionescu (4:2), Adam Szudi (4:0), Hunor Szocs (4:1), Tomas Polansky (4:0), Kohei Sambe (3:0), Hugo Calderano (3:0), Tan Ruiwu (4:3).

Was China gerne verschweigt, aber Japan gerne betont, ist die Tatsache, dass Niu Guankei sich im Teamwettbewerb noch gegen Tomokazu Harimoto geschlagen geben musste.

Trainer Liu Guozheng analysierte mit Niu Guankei dieses Spiel und dann schlug er im Einzelwettbewerb zurück und eliminierte Tomokazu Harimoto im Endspiel deutlich.

Kein Kampf der Giganten bei den Jugend Weltmeisterschaften 2016

Während Japan Tomokazu Harimoto für die Jugend WM 2016 im südafrikanischen Kapstadt nominierte, wird Niu Guankei von China nicht ins Rennen geschickt.

Tomokazu Harimoto in Japan als das neue japanische Wunderkind und die große Hoffnung für Olympia 2020 in Tokio gefeiert, wird in China teilweise sehr kritisch gesehen. Dort wird über Tomokazu Harimoto auch oft nur mit seinem chinesischen Namen Zhang Benzhi oder teilweise auch Zhang Zhi berichtet.

Tomokazu Harimoto ist chinesischer Abstammung. Er kommt aus einer echten Tischtennisfamilie. Seine Eltern Zhang Yu (Vater) und Zhang Ling (Mutter) sind ehemalige chinesische Profispieler (Sichuan Team, Zhang Ling spielte mit der legendären vierfachen Olympiasiegerin und neunfachen Weltmeisterin Deng Yaping in der Mannschaft), die 1998 nach Japan ausgewandert sind. 2014 erhielt die Familie die japanische Staatsbürgerschaft.

Rivalität zwischen China und Japan nimmt zu - vor allem propagandistisch

Dass Tomokazu Harimoto nun für Japan spielt und bei den Olympischen Spielen 2020 ausgerechnet China angreifen will, sorgt in der Heimat seiner Eltern für einige Kontroversen.

Während er in Japan als neue Geheimwaffe im Kampf gegen China um olympisches Edelmetall gepusht wird, sieht ein Teil der chinesischen TT-Szene seine Chancen als Traumtänzerei an, während andere mit leichten Restbedenken betonen, dass eine eventuelle Olympiamedaille dann sowieso "made in china" wäre.

Da passt es nur ins Bild und wird immer wieder ausgerollt, dass Japans großer Hoffnungsträger Harimoto, den China beharrlich "Zhang Benzhi" nennt, bei einem Besuch der Shanghai Table Tennis School bei acht Duellen gegen Chinesen gleichen Alters nur ein einziges Spiel gewinnen konnte und auch noch ausgerechnet gegen ein gleich altes chinesisches Mädchen verlor.

Sollte nun Niu Guankei tatsächlich Chinas neue Geheimwaffe für die Zeit nach Ma Long und Zhang Jike sein, dann kommt es wohl erst bei den Jugend Weltmeisterschaften 2017 zum Duell mit Zhang Benzhi / Tomokazu Harimoto - falls China nicht bereits noch heißere Eisen in den Jahrgängen 2002-2004 schmiedet.

Einerseits ist es China wichtig, dass sich Tischtennis weltweit besser entwickelt und es mehr Konkurrenz gibt, da die langjährige Dominanz selbst im eigenen Land das Interesse am Tischtennis Sport beeinträchtigt und China jetzt schon zum wiederholten Male Probleme hat, einen Ligasponsor für die Chinese Superleague zu finden, aber andererseits sollte diese Konkurrenz dann doch lieber aus Europa kommen, wie einst mit den legendären Schweden, und nicht ausgerechnet aus Japan.

Aufgrund dieser aufkeimenden Konkurrenzsituation vor allem im Hinblick auf Tokyo 2020, gab es in China nicht wenig Schadenfreude, als die japanischen Damen, die in Japan viel mehr Aushängeschild sind als die Herren, in Rio 2016 gegen Deutschland den Finaleinzug verpassten. Dies brachte dem japanischen TT-Verband einen spürbaren finanziellen Nachteil ein, dazu Hohn und Spott aus China, dass sogar viertklassige Chinesinnen, die sich in China nie durchsetzen konnten, ausreichen um Japan die olympische Silbermedaille wegzuschnappen.

Trotz dieses finanziellen Schadens für Japan durch die Niederlage gegen die deutsch-chinesischen Damen im Olympia-Halbfinale 2016, ist die finanzielle Unterstützung durch das Japanese Olympic Committee rund um Präsident Tsunekazu Takeda immer noch beträchtlich.

Alleine das auf die Olympischen Spiele in Tokio abzielende "2020 talents project" erhält jährlich eine zweckgebundene Förderung für das Training dieses Spielerkaders in Höhe von 800.000 Euro, was auch Teilnahmen an einer Vielzahl an World Tour Events ermöglicht.

Tomokazu Harimoto vs. Niu Guankei - Das Duell der Zukunft?

Während Japan große Hoffnung in Tomokazu Harimoto setzt, wird eben dieser (in China immer noch so genannte) Zhang Benzhi bei Teilen der chinesischen TT-Szene zur Zielscheibe.

Es wird debattiert, dass es in China viel stärkere Altersgenossen gibt und Tomokazu Harimoto nur durch die von langer Hand (weit vor seiner Geburt!) geplante Übersiedlung nach Japan mit "pünktlich erhaltenem" japanischen Pass und die damit verbundene unverhältnismäßig hohe finanzielle Olympiaförderung, so stark werden konnte, um China herauszufordern.

Ob er das auch schaffen wird, wird sich zeigen. Ma Long zeigte sich nach seinem 4:0 Sieg gegen Tomokazu Harimoto bei den Polish Open 2015 beeindruckt, obwohl der 4:0 Sieg deutlich war (11:5, 11:5, 11:3, 11:6). Ma Longs Urteil: So stark sei er selber mit 12 Jahren noch nicht gewesen!

In Harimoto stecken die chinesischen Siegergene, er wird hauptsächlich von chinesischen Trainern trainiert und von seinen chinesischen Eltern gefördert, die selber Profispieler waren. Lediglich in seinem Pass steht bei der Nationalität "Japan", ein japanischer Staatsbürger mit chinesischen Wurzeln und chinesischer Mentalität.

Schaut man in den Pass von Niu Guankei, dann ist er "echter" Chinese, "vollumfänglich". Aber beim Duell mit Chinas Zhang Benzhi, der jetzt als Tomokazu Harimoto für Japan spielt, stehen sich einfach nur zwei aus China stammende hochtalentierte Jugendliche gegenüber.

Der Unterschied, Harimoto wird in Japan bis 2020 im Jugendbereich kaum Widersacher haben, während Niu Guankei erstmal die täglich neu herausfordernde Konkurrenz aus dem eigenen Land auf Distanz halten muss. Gelingt ihm das, wird mit ihm zu rechnen sein - spätestens 2024.

Egal wie stark Niu Guankei wird, es erscheint unwahrscheinlich, dass er 2020 mit dann 18 Jahren der Gegenspieler von Tomokazu Harimoto und der anderen chinesischen Nationalspielern bei Olympia wird - eine Nominierung erscheint dei der chinesischen Konkurrenz im eigenen Lager als zu früh.

Auch wenn sein Weg steil nach oben gehen sollte und er auf den Spuren von Fan Zhendong wandeln sollte, dürfte seine Stunde wohl erst bei Olympia 2024 schlagen.

Laut TT-News ist Niu Guankei im Januar 2002 geboren, also jetzt 14 Jahre alt und damit genau 5 Jahre jünger als Fan Zhendong und 13 1/4 Jahre jünger als Ma Long.

Niu Guankei früher in der WRL TOP100 als Fan Zhendong

Fan Zhendong drang von Dezember 2012 auf Januar 2013 im Alter von 16 Jahren in die TOP100 der Welt ein. Dies gelang Niu Guankei jetzt bereits im Alter von 14 Jahren.

Eine Schwalbe macht natürlich noch keinen Sommer, aber man sollte diesen Jungen auf dem Schirm haben.

Niu Guankei - the next Zhang Jike?

Der 14-jährige Niu Guankei aus der Provinz Henan gilt in China teilweise schon als der nächste Zhang Jike - und das nicht nur aufgrund seiner ähnlich starken Rückhand. Viele trauen ihm ebenfalls eine große Karriere zu.

Mit Tischtennis begann Niu Guankei im Alter von 5 Jahren und vier Jahre später wurde er vom Provinzkader in Henan aufgenommen.

Im Juni 2016 konnte er sich gegen die chinesische Konkurrenz in seinem Jahrgang behaupten und durfte dadurch China bei den Asiatischen Meisterschaften repräsentieren, wo er der Erwartungshaltung Stand halten konnte, obwohl er zum ersten Mal außerhalb Chinas Tischtennis spielte.

Im Halbfinale des Mannschaftswettbewerbs musste Niu Guankei bei der 1:3 Niederlage Chinas gegen Japan noch Tomokazu Harimoto gratulieren, aber sein Finalsieg im Einzelwettbewerb bedeutete nicht nur den 1:1 Ausgleich in der persönlichen Bilanz der beiden Wunderkinder. Der Einzeltitel ging im direkten Duell an Niu Guankei und vielleicht steht es jetzt 1,1 zu 1

Für Niu Guankei war der Titel des Asiatischen Meister nur eine Zwischenstation. Auf Nachfrage äußerte er sich, dass dieser Titel ihn zwar sehr glücklich macht, er aber auch nur der Anfang eines langen Weges sei. Sein nächstes Ziel sei es, in die Herren-Nationalmannschaft zu kommen und er werde sein Bestes geben, um Erfolge für sein Land zu holen und auch seine Heimatstadt Jiyuan stolz zu machen.

Jiyuan ist eine eher landwirtschaftlich geprägte kreisfreie Stadt im Landesinnern Chinas, jeweils etwa 2 Flugstunden von Peking und Shanghai.

Niu Guankei ist auf dem besten Weg der Stolz Jiyuans zu werden, einer Stadt, etwa 150 Kilometer vor den Toren von Henans Provinzhauptstadt Zhengzhou mit ihren 8,6 Millionen Einwohnern und damit eine von 86 chinesischen Großstädten mit einer Bevölkerung von mehr als fünf Millionen Menschen.

Jiyuan hat selber nur 660.000 Einwohner, von der Einwohnerzahl liegt das also zwischen Düsseldorf oder Stuttgart und Frankfurt, die sich aber auf einer Fläche doppelt so groß als Berlin verteilen.

Selbst wenn es Niu Guankei doch nicht schaffen sollte, dass ihn alle Einwohner von Jiyuan kennen werden, Tomokazu Harimoto kennt ihn spätestens seit dem Finale der Asien-Meisterschaften und in Europa kennen ihn nach meinem Beitrag auch zahlreiche Menschen.

Ich bin aber überzeugt, dass Niu Guankei "nur" dafür sorgen muss, dass ihn nicht mehr als 1-2 andere aktuelle chinesische U15-Spieler überholen werden, bis er 18 Jahre alt ist, dann wird er seinen Namen ganz alleine in der ganzen Welt bekannt machen.

CHINA NEXT GENERATION :china:

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