2016-12-02

Wer sind Sie?

Mein Name ist Sarah, ich komme aus Deutschland und wohne in
Dresden. Ich habe Informatik studiert und arbeite hauptberuflich als
Softwareentwickler für ein kleine Firma hier. In OSM bin ich unter
dem Nicknamen lonvia unterwegs. Das ist ein Wortspiel mit der
lateinischen Form von 'lange Reise'.



Wann und wie haben Sie OpenStreetMap entdeckt?

2008 gab es einen kleinen Artikel über OSM beim deutschen Online-Service
heise.de, der mich neugierig gemacht hat. Damals wohnte ich noch in der
Schweiz. Zürich war bereits ein bisschen gemappt, aber der Rest der
Schweiz war noch ziemlich weiss. Ich habe einen Sommer damit verbracht,
einen grossen Teil des Eisenbahnnetzes des Schweiz abzufahren und
einzutragen. Danach habe ich mich Wanderwegen zugewandt. Ich bin schon
immer gerne gewandert und es war grossartig das alte Hobby mit dem
neuen Hobby zu verbinden. Das Mappen hat mich auch in Gegenden geführt,
die ich normalerweise nicht für Tagestouren ausgewählt häte. Unter
anderem bin ich den Jura-Höhenweg vollständig abgewandert. Eine
sehr schöne Strecke und sportlicher als man bei einem kurzen Blick
auf die Karte erwartet.

Was mappen Sie?

Neben den Wanderwegen mappe ich am liebsten grundlegende Infrastruktur:
Strassen, Wege, touristisch interessante POIs, sowie gelegentlich
Addressen. Das hat sich über die Jahre wenig geändert. Ich trage das
ein, was ich gerne auf der Karte vorfinden möchte.

In letzter Zeit habe ich mich ausserdem ein wenig mit 3D-Gebäude-Mapping
beschäftigt, weil ich denke, dass einfache Gebäudeinformationen wie
Anzahl der Etagen, nützlich sein können, um aus der Ferne eine Vorstellung
vom Charakter einer Siedlung oder eines Stadtviertels zu bekommen..

Wie mappen Sie?

Ich bin ein ganz klassischer Draussen-Mapper. Früher bin ich meistens
mit Fotoapparat und GPS-Tracker losgezogen und habe dann die Ergebnisse
mit JOSM eingetragen. Das Tracken übernimmt heutzutage die Android-App
OsmTracker. Für kleinere Verbesserungen vor Ort nutze ich auch gerne
den Android-Editor Vespucci. Luftbilder nutze ich hauptsächlich für
die Feinarbeiten.

Wo mappen Sie?

Ich bin ein ein eher ungeduldiger Mapper. Systematisch ganze Ortschaften
abzulaufen liegt mir genauso wenig, wie längere Armchair-Mapping-Aktionen
wie MapRoullette oder HOT-Aktivierungen. Daher ist Mapping eher ein
Nebenprodukt von Reisen oder Wanderungen. Heutzutage komme ich hauptsächlich
im Urlaub noch zum mappen.

Was ist für einen Mapper die größte Herausforderung?

Gemeinsam an einer Karte zu arbeiten. Auch wenn es oft bequemer ist,
einen Tunnelblick für seine eigenen Interessen zu entwickeln und nur
dafür zu mappen, wird man bei OSM nicht wirklich auf Dauer glücklich,
wenn man nicht auch die Arbeit der anderen im Blick behält. Das
fängt bei der Auswahl der Tags an und zieht sich durch jeden Edit,
der bestehende Daten verändert. Es macht es auch nicht einfacher,
dass wir eine Menge ungeschriebener Regeln haben, die sich durch
jahrelanges Ausprobieren ergeben haben, die aber für einen Neuling
oftmals nicht logisch erscheinen.

Warum mappen Sie, was sind Ihre Motive?

Karten haben mich schon immer fasziniert, aber bis OSM kam,
waren Karten immer nur etwas, was man passiv konsumiert hat. Was
mich am meisten gestört hat, war, dass man eigentlich nur zwei
Arten von Karten kaufen konnte: entweder exakte topologische Karten,
die dann aber einen kleinen Massstab hatten, oder Strassenkarten,
die auf Autofahrer zugeschnitten waren und oftmals Details vermissen
liessen, die für mich interessant waren. OpenStreetMap bot zum
ersten Mal die Möglichkeit, die Karte zu machen, die ich brauchte:
Übersichts- und Detailkarten für Fussgänger und Radfahrer.

Was ist der schwierigste Teil beim Mapping?

Für mich persönlich ist der schwierigste Teil, die Karte aktuell zu
halten. Solange man eine weisse Fläche vor sich hat, ist es einfach,
sich zu motivieren, neue Elemente einzutragen, denn man sieht am
nächsten Morgen genau, was man getan hat. Das ist weniger der Fall,
wenn man in einer gut gemappten Stadt wie Dresden einfach nur die
Einkaufsstrasse herunterläuft und alle Geschäfte aktualisiert. Das
braucht einige Stunden Arbeit, ohne dass die Karte sich sichtbar
verändert.

Haben Sie Pläne, was Sie zukünftig mappen wollen?

Wie schon erwähnt, bin ich niemand, der seine Mapping-Projekte
gross plant.
Als Software-Entwickler habe ich Interesse an dem Projekt, die
sogenannten Old-Style-Polygone aufzuräumen. Dabei geht es um
Multipolygone, bei denen die Tags nicht an der Multipolygon-
Relation angefügt sind, sondern an den Ways, aus denen das
Polygon besteht. Solche Flächen sind kompliziert auszuwerten
für Software. Nicht selten muss man raten, weil die Wege
widersprüchliche Informationen enthalten. Zur Zeit gibt es etwa
200.000 dieser Flächen in der Datenbank. Ich denke, dass man sie
mit vereinten Kräften schnell bereinigen kann. Das ist auch eine
gute Gelegenheit zur Datenpflege, denn die meisten dieser Flächen
sind schon einige Jahre alt. Vielleicht werde ich für dieses
Projekt doch mal für kurze Zeit zum Armchair-Mapper.

Haben Sie Kontakt mit anderen Mappern?

In der Schweiz war ich viel am Züricher Stammtisch zu Gast und
war dort auch an der Gründung des Schweizer OSM Vereins beteiligt,
der inzwischen ja auch ein offizielles Local Chapter ist. Heute
bin ich gelegentlich auch am Dresdner Stammtisch zu finden.
Ausserdem bin ich regelmässig auf den State of the Map-Konferenzen.



Nutzen Sie OSM selbst?

Für den täglichen Bedarf habe ich OsmAnd auf meinem Telefon laufen.
Auf den Rechner benutze ich hauptsächlich osm.org für alles, was
eine Karte benötigt. Für Anfahrtspläne und ähnliches ist umap
ein nützliches Tool.

Machen Sie bezüglich OSM noch andere Dinge ausser mappen?

Ich bin viel in die Softwareentwicklung rund um OSM involviert.
Meine wichtigsten Projekte sind Nominatim, die Software hinter
der Suchbox auf openstreetmap.org, und waymarkedtrails.org,
eine Website, die alle möglichen Routen aus OSM anzeigen kann.
Ausserdem bin ich Mitglied der OWG, der Working-Group, die sich
um die Server kümmert, auf denen OSM läuft.

Können Sie etwas mehr zu Ihrem Projekt Nominatim / waymarkedtrails sagen?

Zu Nominatim bin ich 2012 gekommen, als ein neuer Administrator für
den offiziellen Server der OSMF gesucht wurde. Seitdem betreue ich die
Server und bin auch nach und nach zum Hauptentwickler der Software dahinter
geworden. Leider gibt es nicht sehr viele andere Beitragende. Die
Entwicklung der letzten Jahre hat sich deshalb hauptsächlich darauf
konzentriert, dass die Suche mit dem enormen Wachstum der OSM-Datenbank
mithalten kann.



waymarkedtrails.org begann damit, dass ich für mich selbst eine Karte brauchte,
die die Wanderwege in der Schweiz anzeigte, damit ich meine selbst
eingetragenen Daten überprüfen konnte. Später habe ich das auf die ganze
Welt ausgeweitet, um andere Mapper zu motivieren, ebenfalls Wanderwege
einzutragen. Das ist eine der Sachen, die wunderbar funktioniert in
OSM. Sobald man die Daten sichtbar macht, finden sich auf fleissige
Mapper, die Daten ergänzen. 2012 ist Guttorm Flatabø vom Western Norway
Research Institute auf die Routenkarten aufmerksam geworden und hat die
Software für ein EU-Projekt zum Thema Tourismus verwendet. Dabei sind
die mobile Umsetzung der Karte, sowie die Höhenprofile entstanden und
die Karte hat ihren heutigen Namen waymarkedtrails und ihr Aussehen
erhalten. Über die Jahre sind dann weitere Karten hinzugekommen. Die
Wintersportkarte und die Reitkarte haben Michael Spreng und Robert Whittaker
mitentwickelt. Übrigens werden die Routenkarten heute gar nicht mehr
in der Hauptsache auf waymarkedtrails.org angesehen, sondern die meisten
Zugriffe kommen von gpsies.com, einer deutschen Seite zum Austausch von
GPS-Tracks.

... und zum guten Ende ... was möchten Sie uns noch sagen?

Happy Mapping!

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