2015-04-22

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Die Anzahl von Apps, Wearables und Co im Gesundheitssektor boomen und jeder Einzelne kann damit zum eigenen Arzt werden. Werden diese Anwendungen das Thema eHealth nach vorne bringen ? Das war das Thema der telegraphen_lounge: “Grassroot eHealth – Revolution von unten?”.

„Wir stehen bei Internetmedizin heute da, wo wir mit dem Mobilfunk vor 20 Jahren waren“, meint Dr. Markus Müschenich, Arzt und Vorstand des Bundesverbands Internetmedizin sowie und Managing Partner von Flying Health – die Startup-Manufaktur. In anderen Ländern, wie beispielsweise den USA, seien elektronische Ferndiagnosen, Fernbehandlungen und Onlinesprechstunden schon heute an der Tagesordnung. Kooperationen von Kliniken mit Wearables- und App-Herstellern zeichneten sich ab. Müschenich betonte, dass in diesem Markt ein globaler Wettbewerb herrscht. Auch hierzulande schreibe das Sozialgesetzbuch nur vor, dass Medizin gut und wirtschaftlich sein soll, aber nicht, dass sie aus Deutschland kommen muss. „Wer die Entwicklung der Internetmedizin verpasst, der verschwindet“, warnte der Internetmediziner.

Werden die Ärzte in Deutschland durch Apps ersetzt? Prof Dr. Dr. Christian Dierks, Professor für Gesundheitssystemforschung an der Charité Universitätsmedizin Berlin und Mitgründer der Rechtsanwaltskanzlei Dierks + Bohle, machte deutlich: „Apps können die Erfahrung eines Arztes nicht ersetzen.“ Heute sei zwar die Informationsbeschaffung für die Patienten sehr viel einfacher und umfangreicher. Doch könne der Patient oder besser „User” die ganzen Informationen oft nicht richtig interpretieren. „Die vielfach fehlende erfahrene Oma im Haus zur Beruhigung besorgter Eltern führt heute schon zu unnötig überfüllten Wartezimmern bei Kinderärzten“, unterstreicht Dierks. Bei Gesundheits-Apps ist seiner Meinung nach der kritische User gefragt. Apps seien darauf zu prüfen, ob sie aus medizinscher Sicht zertifiziert sind. Bei kostenloser Verfügbarkeit sollte kritisch über den Satz nachgedacht werden : „If you don´t pay for it, you are probably not the user but the product.“

„Das eHealth Gesetz ist ein Sportwagen, der seit sechs Jahren in der Garage steht. Damit gewinnt man kein Rennen“, sagt Maik Beermann MdB, Berichterstatter für eHealth in der Arbeitsgruppe Digitale Agenda der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Aber die Regierung wolle das Gesetzt vernünftig auf die Straße bringen und dafür benötige sie noch Zeit, wobei im Referentenentwurf bereits gute Ansätze enthalten seien. Seit den ersten Vorschlägen zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte seien allerdings mittlerweile 21 Jahre vergangen. Die nun vorgesehene Einführung von Medikamentenplänen auf Papier könne da nur als unbefriedigend angesehen werden. Um den Anschluss in der elektronischen Medizin nicht zu verpassen, müsse dringend ein „Stoffwechselbeschleuniger“ her, und das könnten durchaus die Patienten oder besser User mit ihrem individuellen Engagement sein.

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